Direkt zum Inhalt

Kredite auch für Kleinbetriebe

18.01.2013

Global Forum for Food and Agriculture/Internationale Grüne Woche: Regionalpodium des Ost-Ausschusses zu Russland, Ukraine und Kasachstan

Russland, die Ukraine und Kasachstan gehören zu den größten Weizenexporteuren der Welt. Ihre Agrarproduktion kann große Beiträge zur inländischen wirtschaftlichen Entwicklung und zur Sicherung der Welternährung leisten. Um das Potential zur Ertragssteigerung in diesen Ländern auszuschöpfen, ist der Zugang zu Finanzierungsquellen eine grundlegende Voraussetzung. Deshalb lud der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft zusammen mit dem Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) zu einem  Fachpodium mit dem Titel „Von Mikrokredit zu shareholder value: Zugang zu Finanzierungsquellen im Agrarsektor in Osteuropa und Zentralasien“ ein.

Die Veranstaltung im Rahmen des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) wurde vom Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Agrarwirtschaft im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, Dr. Thomas Kirchberg, eröffnet. Dieser wies darauf hin, dass deutsche Investoren in Osteuropa und Zentralasien bereits 400.000 Hektar Land bewirtschafteten und es in der Region bereits eine enge Zusammenarbeit zwischen dem deutschen und einheimischen Agribusiness gebe. „Es geht jetzt nicht nur darum, mehr zu produzieren, sondern dies effizienter zu tun, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können“. Dabei seien neben der „Ausbildung von Fachkräften“ die „Finanzierung und Förderung von Agrarinvestitionen“ der Schlüssel zur Sicherung der ländlichen Entwicklung, so Kirchberg. Dr. Robert Kloos, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, rechnete vor, dass allein Russland durch die Nutzung brachliegender Flächen und Investitionen in moderne Technik seine Weizenerträge von derzeit rund 50 Millionen auf etwa 125 Millionen Tonnen steigern könnte. „Russland, die Ukraine und Kasachstan können einen erheblichen Beitrag zur Hungerbekämpfung leisten.“

Moderator Dr. Martin Petrick, stellvertretender Abteilungsleiter Agrarpolitik am IAMO, beschrieb anhand einer Grafik das bestehende Grundproblem im östlichen Europa: Großbetriebe seien nicht produktiv genug, Kleinbetriebe deutlich produktiver aber gleichzeitig unterfinanziert. So habe in der Ukraine im Jahr 2009 der Produktionswert von Agrarrohstoffen durch Hauswirtschaften bei mehr als 50 Prozent gelegen. Gerade diese Kleinbetriebe hätten allerdings erhebliche Probleme, an Modernisierungskredite zu kommen, weil sich die Banken auf Betriebsgrößen von 2000 Hektar und mehr konzentrierten.

Der Vizeminister für Landwirtschaft der Russischen Föderation Aleksander Petrikow und die Vizeministerin der Republik Kasachstan Gulmira Issajewa betonten in ihren Statements, dass in ihren Ländern inzwischen erhebliche staatliche Investitionsbeihilfen bereitgestellt würden. Kasachstan setzt allein 1,5 Milliarden Euro ein, um überschuldeten Kleinbetrieben nach der Wirtschaftskrise von 2008 zu sanieren. Des Weiteren streben Russland, die Ukraine und Kasachstan eine Verbesserung der Kreditinfrastruktur für Agrarerzeuger in ihren Ländern an. Der ukrainische Vizeminister für Agrarpolitik Oleksandr Sen will Investitionen über Steueranreize stimulieren. Zudem wolle man über Bodenbanken den Verkauf von Grund und Boden zu erleichtern und so eine neue Finanzierungsquelle für Investitionen erschließen. 

Als Wirtschaftsvertreter beteiligten sich Dr. Heinz Strubenhoff, Agribusiness Program Manager von der International Finance Corporation (IFC) und Dirk Stratmann, der Ukraine-Sprecher der Arbeitsgruppe Agrarwirtschaft im Ost-Ausschuss, an der Diskussion. Stratmann wies darauf hin, dass Agrarproduzenten mit großen Flächen ab 5000 Hektar viele Entwicklungsmöglichkeiten hätten. Im Vergleich dazu fehle es aber an finanziellen und technologischen Lösungen für kleinere Erzeuger. „Der Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten ist wesentlich durch die Größe der Agrarunternehmen beeinflusst. Von einer grundsätzlichen Kreditklemme in der Landwirtschaft kann zwar keine Rede sein, jedoch ist der Kreditzugang für Kleinerzeuger weiterhin problematisch“, so Stratmann. 

Strubenhoff schätzt den aktuellen weltweiten Kapitalbedarf für die Landwirtschaft auf 80 Milliarden Dollar, allein die Ukraine benötige davon zehn Milliarden, der Westbalkan drei Milliarden Dollar. Durch Gewinne aus der Produktion sei dies allein nicht zu stemmen, staatliche und private Kredite seien dringend erforderlich. Allerdings würden Bankmitarbeiter vor Ort den Sektor Landwirtschaft oftmals nicht hinreichend kennen, um Kredite sachkundig vergeben zu können. Außerdem fehle es an geeigneten IT-Lösungen, Benchmarking und Maßnahmen zur Senkung der Bürokratiekosten. Der Experte fügte hinzu, dass der agronomische Wissensstand und die Rechte der Banken hinsichtlich ihrer Handlungs- und Sicherheitsfähigkeit verändert werden müssten, um das Investitionsklima und somit die Bedingungen insbesondere für kleinere und mittlere Landwirtschaftsbetriebe zu verbessern. Die zur Weltbank-Gruppe gehörende IFC plane bis 2016 immerhin acht Milliarden Dollar für Förderprogramme in Schwellenländern zur Verfügung zu stellen.

Daniela Schimming
Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO) 

Andreas Metz
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Ansprechpartner

Kontakt:

Gerlinde Sauer
Tel. 030 2028-1569
G.Sauer@bdi.eu

Diese Seite teilen: