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Russischer Automarkt wird sich erholen

29.09.2009

Bericht zur Podiumsdiskussion „Automobilstandort Russland – Wachstumsmarkt nach der Krise“ auf der 63. IAA PKW in Frankfurt

Der krisengeschüttelte russische Automobilmarkt kann sich nur unter dem Druck des Wettbewerbs modernisieren und neu aufstellen. Dies ist das Fazit einer Podiumsdiskussion, die der Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft gemeinsam mit dem Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) auf der 63. IAA PKW in Frankfurt organisierte. Zudem übten Unternehmensvertreter aus Deutschland Kritik an protektionistischen Tendenzen in Russland.

„Technologie Made in Germany erfährt in Russland eine hohe Wertschätzung. Als Partner für die Modernisierung der russischen Wirtschaft sind wir sehr gefragt“, sagte Prof. Dr. Klaus Mangold, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft zur Eröffnung des Diskussionspanels. Auch aus Sicht von Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), bleibt Russland „ein zentraler Zukunftsmarkt“. Mit einer geringen Pkw-Dichte von 225 Autos auf 1000 Personen sei der Nachholbedarf „enorm“. Die deutsche Automobilwirtschaft begrüße es, wenn die russische Regierung erwäge, mit Marktimpulsen Rahmenbedingungen für eine Belebung des Automarktes zu schaffen. „Allerdings sollten diese Anreize nicht protektionistisch angelegt sein“, fügte Wissmann unter Verweis auf eine Förderprämie von umgerechnet 1.100 Euro beim Kauf eines russischen Neuwagens hinzu. „In Deutschland hat die Regierung gut daran getan, dass sie ihre staatlichen Anreize nicht auf die deutsche Industrie beschränkt hat.“ Nach Schätzungen der Unternehmensberatung Roland Berger wird sich der Autoabsatz bis 2011 auf 3,6 Millionen Stück mehr als verdoppeln. Für 2009 erwarte man ein Marktvolumen von lediglich 1,4 Millionen Fahrzeugen, 2008 waren in Russland 2,9 Millionen Neuwagen abgesetzt worden.

Vor rund 150 Teilnehmern diskutierten Alain Pilloux, General Director for Russia bei der European Bank for Reconstruction and Development (EBRD), Réné Schlegel, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Robert Bosch OOO, Igor Strehl, Vorstandsvorsitzender der VTB Bank (Deutschland) AG und Detlef Wittig, Leiter des Konzernvertriebs der Volkswagen AG über die derzeitige Lage auf dem russischen Automobilmarkt und die möglichen Entwicklungen. Nicht nur die weltweite Finanzkrise wurde dabei als ein Grund für die Schwäche der russischen Autobauer benannt. Vielmehr sei die starke vertikale Integration mit ein Grund, warum es die russischen Autoproduzenten derzeit so schwer haben. Dabei sei auch die Schaffung einer großen Autoholding, die die russische Regierung derzeit in Erwägung zieht, keine Lösung. Die Konzerne benötigten dringend neue Technologien und Strukturen. Die Fertigungstiefe liege in Russland bei rund 30 Prozent. Im Vergleich dazu liege diese in China bei 90 Prozent und in Indien bei rund 80 Prozent. Noch sei das Kostenniveau in Russland viel zu hoch.

Die derzeitige Krise habe die Entwicklung des russischen Automarktes um rund eineinhalb bis zwei Jahre zurückgeworfen, so die Experten. Nötig sei jetzt die Stärkung der Kaufkraft der russischen Konsumenten. Vor diesem Hintergrund sei die geplante Förderprämie für den Autokauf zu begrüßen. Nur dürfe sie nicht nur für die russischen Hersteller gelten. Die erreichte Stabilität des russischen Finanzsystems sei eine gute Basis für den Aufschwung. Mit Bankpleiten sei nun nicht mehr zu rechnen. Zurzeit sei das Zinsniveau und die Inflation im Land aber noch zu hoch. Dadurch würde  derzeit das Investitionsklima nachhaltig belastet.

Das Thema Opel wurde in der gesamten Diskussion nur sporadisch aufgegriffen. Zu unklar sind derzeit noch die Konditionen, unter denen der Verkauf des deutschen Autobauers zwischen GM und dem Konsortium von Magna, Sberbank und GAZ ablaufen soll. Über eins waren sich die Experten aber einig: Sollte es nicht bald zu einer grundlegenden strukturellen Änderung in der russischen Automobilindustrie kommen, würde die „Technologieinfusion“ durch Opel dem kurzen, aber letztendlich wirkungslosen, Aufguss in einer russischen Banja ähneln.

Eduard Kinsbruner
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Ansprechpartner

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