Am 18. Juli traf der neue rumänische Präsident Nicușor Dan im Rahmen seines ersten offiziellen Deutschland-Besuchs in Berlin mit führenden Vertreterinnen und Vertretern der deutschen Wirtschaft zusammen. Das Unternehmergespräch wurde vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft gemeinsam mit der Deutsch-Rumänischen Industrie- und Handelskammer (AHK Rumänien) sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) organisiert. Bei dem Treffen waren mehr als 20 deutsche Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen vertreten. Im Mittelpunkt des Austauschs standen die Entwicklung der deutsch-rumänischen Wirtschaftsbeziehungen und Investitionschancen für deutsche Unternehmen.
„Rumänien ist ein verlässlicher Partner Deutschlands in der EU und ein zunehmend attraktiver Standort für deutsche Unternehmen“, sagt Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses. „Nach Polen, Tschechien und Ungarn ist Rumänien inzwischen der viertwichtigste deutsche Handelspartner im östlichen Europa.“ Auch DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier sieht großes Potenzial: „Rumänien bietet mit seiner industriellen Basis, der Nähe zum EU-Binnenmarkt und seinem Fachkräftepotenzial eine attraktive Kombination.“
Sebastian Metz, Geschäftsführer der AHK Rumänien, ergänzt: „Dass Präsident Dan so früh den Dialog mit der deutschen Wirtschaft sucht, ist ein starkes Signal. Die deutsche Präsenz in Rumänien ist bereits heute breit aufgestellt – und wir spüren großes Interesse in den Bereichen verarbeitende Industrie, Energie, Umwelttechnologien und IT.”
Im vergangenen Jahr exportierte Deutschland Waren im Wert von rund 22,4 Milliarden Euro nach Rumänien und importierte Güter im Wert von 19,7 Milliarden Euro von dort. Deutschland ist damit Rumäniens wichtigster Handelspartner. Bis Ende 2023 haben deutsche Unternehmen laut Bundesbank fast 14 Milliarden Euro in dem südosteuropäischen Land investiert und beschäftigen dort über eine Viertelmillion Menschen. „In Mittel- und Osteuropa ist Rumänien für deutsche Unternehmen inzwischen eines der attraktivsten Investitionsziele“, so Michael Harms. „Das zeigt auch eine gemeinsame Umfrage von KPMG und dem Ost-Ausschuss vom Jahresende 2024, in der Rumänien bei deutschen Unternehmen, die im östlichen Europa investieren wollen, nach Polen den zweiten Platz belegt.“
Volker Treier verweist auf die strukturellen Standortvorteile: „Rumänien punktet mit wettbewerbsfähigen Kosten, wachsender Innovationskraft und enger Anbindung an die europäischen Wertschöpfungsketten. Das sind zentrale Faktoren, wenn es um Resilienz und strategische Diversifizierung von Lieferbeziehungen und Produktionsstandorten geht.“ Rumänien entwickelt sich zunehmend vom Produktions- zum Innovationsstandort – insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Forschung und grüne Technologien. Auch energiepolitisch intensiviert sich die Zusammenarbeit. „Ein Beispiel ist der 'Energy Round Table' in Bukarest – ein dauerhaftes Dialogformat, das Unternehmen und Politik beider Länder vernetzt“, so Metz.
Rumänien ist als direkter Nachbarstaat der Ukraine auch ein bedeutender logistischer und wirtschaftlicher Knotenpunkt in der Region. „Rumänien spielt eine Schlüsselrolle beim Wiederaufbau der Ukraine – sowohl als Transit- als auch als Produktionsstandort“, erklärt Michael Harms. „Deutsche Unternehmen können hier gemeinsam mit rumänischen Partnern einen wichtigen Beitrag leisten.“ Volker Treier betont die strategische Perspektive: „Ein belastbarer Frieden in der Ukraine würde Rumänien wirtschaftlich zusätzlich stärken – davon würden auch deutsche Unternehmen profitieren, die bereits vor Ort aktiv sind. Die Region bietet Potenzial für resilientere Lieferketten und den Ausbau industrieller Kooperationen.“
Auch Metz sieht wachsendes Engagement: „Rund um Constanta, Braila-Galati, Iași und Suceava entstehen neue Drehkreuze für europäische Wiederaufbauaktivitäten.“ Ende Juni besuchte eine gemeinsame Unternehmerdelegation von AHK und Ost-Ausschuss die Grenzregion zwischen Rumänien, der Ukraine und der Republik Moldau, die eine zentrale Verbindung zwischen dem europäischen Binnenmarkt und angrenzenden Märkten darstellt.
Christian Himmighoffen
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