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Tegernseer Erklärung im Wortlaut

21.10.2013

Gemeinsame Erklärung der Teilnehmer der Arbeitsgruppe "Wirtschaft" des Petersburger Dialogs / Tegernsee, den 18.10.2013

Wir, die Teilnehmer der Arbeitsgruppe Wirtschaft des Petersburger Dialogs, stellen fest, dass der  Erfolg der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen durch die anhaltende Wirtschafts- und Finanzkrise sowie durch unzureichende politische Kommunikation gefährdet ist.

Die Zahl deutscher Unternehmen in Russland ist zuletzt erstmals seit vielen Jahren auf aktuell rund 6.000 zurückgegangen, die Investitionsneigung sinkt, das Handelsvolumen geht zurück. Die Schuldenkrise in der EU belastet weiterhin die Konjunktur. Auch dadurch schwächt sich das Wachstum in Russland und Deutschland ab. Die positiven Impulse durch den russischen WTO-Beitritt bleiben bislang hinter den Erwartungen zurück. 

Die Teilnehmer der Sitzung möchten auf folgende Fragen aufmerksam machen:

1. Belastbare deutsch-russische Beziehungen sind gut und wichtig für Europa. Enge Wirtschaftskontakte zwischen unseren Ländern fördern das europäische Wachstum.  Die Voraussetzung dafür ist ein stärkeres  Vertrauen und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Austausch auf bilateraler und europäischer Ebene.

2. Die vereinbarte Modernisierungspartnerschaft braucht neue Impulse. Sie sollte besser koordiniert, institutionalisiert und kommuniziert werden.

3. Ein wichtiges Element zur Förderung der Modernisierungspartnerschaft wäre eine vertiefte Zusammenarbeit im Rohstoffsektor. Dafür ist vor allem der Ausbau der wissenschaftlich-technologischen Kooperation beider Länder von Bedeutung. Die geplante Gründung der Russisch-Deutschen Ressourcenuniversität durch die TU Bergakademie Freiberg und die Nationale Universität für mineralische Ressourcen St. Petersburg im Rahmen des Deutsch-Russischen Rohstoff-Forums sollte aktiv durch beide Regierungen unterstützt werden.

4. Die Stadterweiterung Moskaus, die Fußball WM 2018, die EXPO-Kandidatur Jekaterinburgs 2020 und weitere Großprojekte forcieren die Modernisierung Russlands und bieten exzellente Möglichkeiten, die bilaterale Wirtschaftszusammenarbeit auszubauen. Deutschland sollte hier seine Erfahrung und Unterstützung offensiver anbieten.

5. Die Förderung des Mittelstandes liegt im Interesse unserer beiden Länder. Die Einrichtung einer „Kontaktstelle Mittelstand“ im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft ist ein wichtiger Schritt, dem mit Unterstützung beider Regierungen weitere folgen müssen. Ein erfolgreicher Mittelstand ist auch in Russland die Grundlage für eine international konkurrenzfähige Wirtschaft. Im Rahmen dieser Arbeit ist im Jahr 2014 eine Gruppe russischer Geschäftsleute zu einem  Erfahrungsaustausch in das Bundesland  Baden-Württemberg eingeladen.

6. Der bilaterale Austausch von Studenten und Wissenschaftlern sollte noch stärker gefördert werden, zum Beispiel durch gemeinsame Nutzung von Speziallaboratorien, Stipendienprogramme sowie Förderung von Praktika in deutschen und russischen Unternehmen.

7. Der deutsch-russische Jugendaustausch sollte aufgewertet werden. Dazu ist es wichtig, dass die russische Seite Ihre finanzielle Unterstützung stärkt.

8. Auf europäischer Ebene kann Deutschland einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, die festgefahrenen Verhandlungsprozesse zwischen Brüssel und Moskau wieder voranzubringen: Wir brauchen ein neues Partnerschaftsabkommen und Visa-Freiheit zwischen Russland und der EU.

9. Wirtschaftspolitische Entscheidungen, die zu einer Behinderung des Handels und zu einer Verunsicherung von Investoren führen, sind zu unterlassen. Dies betrifft übertriebene Regulierungen im Rahmen  des 3. Energiepakets der EU ebenso wie protektionistische Maßnahmen der Zollunion, beispielsweise gegen Importe von Autos, Maschinen, Maschinenteilen oder Agrargütern. Erforderlich sind gemeinsame Arbeitstreffen zwischen Vertretern der EU-Kommission und  Beamten der zuständigen Gremien der Zollunion.

10. Langfristig streben wir einen gemeinsamen europäischen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok an, ohne Zoll- und Visa-Hürden und frei von Protektionismus. 

Die Teilnehmer des Tegernseer Treffens  sind  zuversichtlich, mit den genannten Maßnahmen die Erfolgsgeschichte der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen  fortzusetzen.

(Russische Übersetzung siehe rechte Spalte)

Ansprechpartner

 Kontakt:

Dr. Christiane Schuchart
Tel: 030 206167-123
C.Schuchart@bdi.eu

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