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Altmaier kämpft um die deutsch-russische Zukunft

Bundeswirtschaftsminister Altmaier in Moskau
12.10.2018
Petersburger Dialog in Moskau

Anlässlich des 17. Treffens des deutsch-russischen Petersburger Dialogs vom 7. bis 9. Oktober in Moskau, beschäftigten sich die rund 50 Mitglieder der Arbeitsgruppe Wirtschaft mit Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt beider Länder. Von deutscher Seite wird die Arbeitsgruppe durch den Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft koordiniert. Zur Eröffnung des Petersburger Dialogs im Moskauer Hotel Ukraina war mit Wirtschaftsminister Peter Altmaier auch ein hochrangiges Mitglied der Bundesregierung nach Moskau gereist. Dieser will zusammen mit Russland an einem „europäischen Wohlstandsraum“ arbeiten.

Zu Beginn seiner Keynote zog Altmaier demonstrativ sein Sakko aus und gab damit gleichzeitig ein Signal an die rund 250 Teilnehmer des Treffens, unkonventionell über bestehende Grenzen und Begrenzungen im deutsch-russischen Verhältnis hinauszudenken. „Wir müssen um unsere Beziehungen kämpfen“, so der Wirtschaftsminister. Mit dem Sonderbeauftragten des russischen Präsidenten für internationale kulturelle Zusammenarbeit Michail Schwydkoi, fand Altmaier den passenden Counterpart: Schwydkoi zog den Schlips aus und lobte die Rede des deutschen Ministers in den höchsten Tönen. Die deutsch-russischen Beziehungen seien ein Schatz. „Den sollten wir nicht verlieren.“

„Europäischer Wohlstandsraum“

Wie auch Ronald Pofalla, der deutsche Vorsitzende des Petersburger Dialogs, vor ihm, benannte Altmaier deutlich die seit der Ukraine-Krise bestehenden, schweren politischen Konflikte beider Länder, öffnete danach aber den Blick in eine bessere Zukunft. Der Minister skizzierte die Vision eines „europäischen Wohlstandsraums“ und appellierte an die russische Politik, gemeinsam an diesem Ziel zu arbeiten. „Wie wäre es, wenn wir uns darauf konzentrieren, wie wir Wachstum erzeugen, das den Wohlstand in beiden Volkswirtschaften erhöht? Der Erfolg des einen ist niemals der Misserfolg des anderen.“ Sein Fernziel bleibe ein gemeinsamer Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok, betonte der Wirtschaftsminister.

Zum Thema Nord Stream 2 kommentierte Altmaier, dass dieses Projekt „nicht im Gegensatz zu einer Diversifizierung der Gasversorgung in Europa“ stehe. In Zukunft werde es in Europa einen enormen Bedarf an Gas geben, dies zeige auch gerade die deutsche Debatte um den Braunkohle-Ausstieg. Daher sei es möglich, legitime ukrainische Wünsche nach einer Aufrechterhaltung des Gastransits und das Projekt Nord Stream 2 miteinander zu verbinden. Altmaier betonte, dass es seine feste Absicht sei, Russland und die Ukraine über die Frage des zukünftigen Gastransits wieder ins Gespräch zu bringen, um darüber auch zu Fortschritten im Minsker Friedensprozess zu kommen.

Arbeitsgruppe Wirtschaft

Auf der Agenda der Arbeitsgruppe Wirtschaft, einer von zehn Arbeitsgruppen innerhalb des Petersburger Dialogs, stand in diesem Jahr die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Laut Erlass des russischen Präsidenten Wladimir Putin aus dem Mai 2018 über die „Nationalen Ziele und strategischen Aufgaben der Entwicklung der Russischen Föderation bis zum Jahr 2024" soll Russland in knapp fünf Jahren zur Gruppe der fünf größten Volkswirtschaften der Welt gehören (aktuell Platz 12). Als große Herausforderung hat man dazu die Steigerung der Produktivität der russischen Arbeitskräfte erkannt. Russland befinde sich auf Platz 89 im Rating nach der Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften.

Der Leiter des Föderalen Dienstes für Arbeit und Beschäftigung Wsewolod Wukolow, unterstrich in seinem Beitrag den hohen Bedarf an Umschulung der Fachkräfte aufgrund des hohen internationalen Modernisierungstempos der Wirtschaft. Ralf Holzwart, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit, sieht Deutschland aufgrund der demographischen Entwicklung und einem wachsenden Bedarf an Fachkräften, in einer vergleichbaren Situation. Er nannte vor allem zwei Stellschrauben zur Lösung des Problems: Die Erschließung neuer Bevölkerungsgruppen für den ersten Arbeitsmarkt und die Erhöhung der qualifizierten  Wertschöpfung pro Arbeitskraft.
Als weiterer Experte von deutscher Seite nahm Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der BDA, zu aktuellen Entwicklungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt Stellung. Auch er nennt die demographische Entwicklung in Deutschland und die Integration neuer Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt, zentrale Herausforderungen. Zudem erfordere die Digitalisierung andere Führungsprinzipien und eine neue, flexiblere Arbeitsorganisation. Die neue Generation komme mit anderen Erwartungen auf den Arbeitsmarkt, deshalb müssten Arbeitgeber bereit sein, andere, attraktivere Arbeitsmodele anzubieten. Die Beraterin des Ministers für wirtschaftliche Entwicklung Yulia Urozhaeva rechnete vor, dass die Arbeitsproduktivität in Deutschland doppelt so hoch sei wie in Russland. Dementsprechend habe Russland das Ziel in den nächsten Jahren mit Hilfe einer gemeinsamen wirtschaftlichen Initiative des Ministeriums mit dem Ost-Ausschuss - Osteuropaverein eine "Effizienzpartnerschaft" Russland in diesem Bereich voranzubringen.


Im zweiten Teil der Sitzung ging es um das Thema der Qualifizierung und Weiterbildung auf dem Arbeitsmarkt beider Länder. Dr. Reinhard Göhner, ehemaliger Hauptgeschäftsführer der BDA, rief die Bundesregierung auf, die Weiterbildungsstrategie mit neuen Angeboten, die vom öffentlichen Bereich kommt, zu ergänzen. Von russischer Seite informierte zu diesem Thema Alexander Leybowitsch von der Nationalen Agentur für Qualifikationsentwicklung. Er griff unter anderem die aus Deutschland bekannte Formel „Fördern und Fordern" auf. Man könne die Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht nur durch Angebote lösen, die Arbeitnehmer müssten auch entsprechend dazu gebracht werden, die Angebote auch wahrzunehmen.

Andreas Metz,
Leiter Presse und Kommunikation im OAOEV

Ansprechpartner

Andreas Metz
Tel: 030 206167-120
A.Metz@bdi.eu
 

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