Direkt zum Inhalt

„Neue Agenda“ für die Zusammenarbeit mit Russland

Pressekonferenz zur Vorstellung des Positionspapiers. Foto: C. Himmighoffen
11.01.2019
Positionspapier des OAOEV schlägt intensive Wirtschaftskooperationen mit Russland auf 15 Zukunftsfeldern vor

Der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft (OAOEV) schlägt eine „Neue Agenda“ für die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland, der EU und Russland vor. “Wir leben in einem Jahrhundert, das kein europäisches, sondern ein asiatisches sein wird. Umso mehr sind wir darauf angewiesen, dass wir als Europäer enger miteinander kooperieren. Russland ist hier ein unverzichtbarer Partner”, sagte der OAOEV-Vorsitzende Wolfgang Büchele bei der Vorstellung eines 30-seitigen Positionspapiers in Berlin. Es trägt den Titel „Gemeinsame Interessen definieren – gemeinsame Projekte umsetzen: Eine neue Agenda für die europäisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen“.

Es gehe darum, über die gravierenden tagespolitischen Konflikte hinaus den Blick auf gemeinsame Ziele zu öffnen und wieder eine positive Zukunftsvision zu entwickeln. „Um die Zukunft gemeinsam zu gestalten, brauchen wir eine gemeinsame Strategie, eine neue Agenda für die europäisch-russischen Beziehungen”, so Büchele.

15 Themenfelder mit Kooperationsmöglichkeiten

Das Positionspapier erläutert 15 große Themenfelder, auf denen eine Zusammenarbeit mit Russland bereits stattfindet und großes Potenzial verspricht. Dazu gehören Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität, zur Digitalisierung der Wirtschaft, Agrarwirtschaft und Klimaschutz, die Erforschung des Weltraums, Energie- und Rohstoffsicherheit, Medizin und Mobilität. „In allen genannten Feldern können innovative Unternehmen aus der EU und Russland gemeinsam an Lösungen arbeiten. Und zum Teil tun sie dies bereits heute sehr erfolgreich”, betonte Büchele.

Ein gutes Beispiel sei das Thema Digitalisierung. „Russland ist mit rund 90 Millionen Nutzern der größte E-Commerce-Markt Europas. Das Land hat Internet-Konzerne, die auf Augenhöhe mit amerikanischen und chinesischen Anbietern agieren. Hier sollten wir die Zusammenarbeit stärken”. Zu den vielversprechenden Arbeitsfeldern gehörten hier etwa die Themen autonomes Fahren und E-Medizin. In einem Flächenland wie Russland, mit riesigen Entfernungen zwischen einzelnen Städten und bis zum nächsten Arzt, gebe es dafür einen enormen Bedarf.

Mit der 2017 gestarteten Deutsch-Russischen Digitalisierungsinitiative GRID hat der OAOEV zusammen mit deutschen und russischen Partnern bereits eine gemeinsame Plattform aufgebaut. In den vergangenen Monaten neu begonnen wurde zudem eine gemeinsame Initiative zur Harmonisierung der Technischen Reglements. „Zusammen mit dem russischen Unternehmerverband arbeiten wir daran, die technischen Reglements beider Länder anzunähern. Jeder kleine Schritt nach vorne hilft hier russischen und europäischen Unternehmen noch erfolgreicher zu werden”, erläuterte Büchele.

Ein riesiges, gemeinsames Arbeitsfeld sei auch der Agrar- und Ernährungssektor: „Russland ist der wichtigste Getreideproduzent in Europa und spielt eine enorme Rolle für die Welternährung. Gemeinsam können wir klimaresiliente Pflanzen entwickeln, um die Ernteerträge zu steigern und die Folgen des Klimawandels zu begrenzen”, erläuterte Büchele. Ebenso notwendig und aussichtsreich seien gemeinsame Projekte zur Entsorgung atomarer Abfälle, zur Sicherung der Rohstoffversorgung der Zukunft und zur Weiterentwicklung der Bildungssysteme.

Bereits hervorragend laufe die Zusammenarbeit in der Weltraumforschung: „Alexander Gerst wäre ohne russische Technologie nie zur ISS gekommen”, erinnerte Büchele. „Eines Tages wird Ressourcenförderung im Weltraum Realität werden. Im Verbund mit Russland können wir da sehr viel für Europa erreichen”, so Büchele. Dass auch im Weltraum die Konkurrenz zunehme, habe gerade erst die erfolgreiche Landung eines chinesischen Satelliten auf der Mondrückseite gezeigt.
 
Gerade im Bereich der angewandten Forschung sieht Büchele für die EU und Russland erheblichen Verbesserungsbedarf: „Oft schaffen europäische Erfindungen in abgewandelter Form erst in den USA den Marktdurchbruch. Wir müssen als Europäer besser darin werden, marktfähige Produkte zu entwickeln. Auch hier können wir hervorragend mit den russischen Kollegen zusammenarbeiten.”

„Wir erhoffen uns von dieser ‚neuen Agenda’ einen positiven Impuls, der einmal den Blick über die tagespolitischen Blockaden hinaus öffnet”, erläuterte Büchele und lobte in diesem Zusammenhang zwei neue Initiativen der Bundesregierung. „Unsere Vorschläge fügen sich ein in aktuelle Anstrengungen der Bundesregierung, den Dialog mit Russland gerade über die Themen Forschung, Entwicklung, Wissenschaft zu intensivieren.”

Von 2018 bis 2020 findet das „Deutsch-Russische Jahr der Hochschulkooperationen und Wissenschaft“ statt, das durch das Auswärtige Amt koordiniert wird.  Gleichzeitig wurde Anfang Dezember von den Forschungsministerien beider Länder eine ambitionierte „Deutsch-Russische Roadmap für die Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation“ für die nächsten zehn Jahre vereinbart.

„Es gibt also eine Vielzahl von positiven Beispielen, wo unsere Zusammenarbeit funktioniert und großes Potenzial hat. Diese positiven Projekte und die Chancen sind es, die wir stärker ins Bewusstsein heben müssen”, so Büchele.

Das vollständige Positionspapier finden Sie unten zum Download sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch.

Ansprechpartner

Andreas Metz
Leiter Presse und Kommunikation
Tel.: 030 206167 -120
A.Metz@bdi.eu
 

Diese Seite teilen: