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Östliches Europa bleibt Wachstumsmotor für den deutschen Handel

Karte Osteuropa
21.02.2019
Ausfuhren in die OAOEV-Region steigen 2018 erneut überdurchschnittlich/ Polen auf dem Sprung in die TOP-5

Das östliche Europa gehört weiterhin zu den wichtigsten Wachstumsmotoren des deutschen Außenhandels: Nach den Daten des Statistischen Bundesamts für das Gesamtjahr 2018, die der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft (OAOEV) aktuell ausgewertet hat, stieg der deutsche Außenhandel mit den 29 Ländern der Region, die von Tschechien bis an die russische Pazifikküste reicht, im vergangenen Jahr um 6,5 Prozent und damit erneut kräftiger als der deutsche Handel insgesamt (+4,2 Prozent). „In einem schwieriger werdenden außenwirtschaftlichen Umfeld kommen insbesondere aus den Ländern Mittel- und Südosteuropas wichtige Wachstumsimpulse für die deutsche Exportwirtschaft“, sagte der OAOEV-Vorsitzende Wolfgang Büchele zu den neuen Zahlen: „Die intensive wirtschaftliche Verflechtung der deutschen Wirtschaft mit dieser Region trägt weiter Früchte.“
 
Insgesamt stieg der deutsche Handelsumsatz mit den 29 OAOEV-Ländern 2018 um 27,8 Milliarden auf 453,4 Milliarden Euro. Auf die Region entfielen knapp 20 Prozent des deutschen Außenhandels und somit deutlich mehr als auf den deutschen Güteraustausch mit China und den USA. Die deutschen Exporte kletterten dabei um 5,6 Prozent auf 225,2 Milliarden Euro, die Einfuhren legten sogar um 7,5 Prozent auf 228,2 Milliarden Euro zu. Die deutsche Handelsbilanz mit dem östlichen Europa ist damit leicht negativ, was vor allem auf den 2018 stark gestiegenen Importüberschuss im Handel mit Russland in Höhe von 10,5 Milliarden Euro zurückzuführen ist.

Polen fast gleichauf mit Großbritannien

Mit Polen (Platz 7) und der Tschechischen Republik (Platz 10) finden sich zwei mittelosteuropäische Länder unter den Top Ten der deutschen Handelspartner – mit weiter soliden Zuwachsraten. „15 Jahre nach der EU-Osterweiterung sind unsere östlichen Nachbarländer tief in die Wertschöpfungsketten der deutschen Industrie integriert. Und die Chancen stehen gut, dass sich diese einzigartige Erfolgsgeschichte zu unserem beiderseitigen Vorteil weiter fortsetzt“, sagte Büchele.
 
Allein der Handel mit Polen, dem mit Abstand größten deutschen Handelspartner im östlichen Europa, stieg 2018 um 7,5 Prozent auf 118 Milliarden Euro. Deutschland wies dabei mit Exporten in Höhe von 63,1 Milliarden Euro (+6,4 Prozent) weiter einen deutlichen Handelsüberschuss aus (acht Milliarden Euro). „Seit dem EU-Beitritt Polens im Jahr 2004 haben sich die deutschen Exporte dorthin fast vervierfacht“, unterstrich Büchele die Bedeutung des Nachbarlandes und des EU-Binnenmarktes für die deutsche Wirtschaft.
 
In der Rangfolge der deutschen Außenhandelspartner liegt Polen beim Umsatz inzwischen nahezu gleichauf mit Großbritannien. Auch Italien ist in Sichtweite gerückt. „In den nächsten drei Jahren könnte Polen der Sprung in die TOP 5 der wichtigsten deutschen Handelspartner gelingen“, sagte Büchele.

Kräftig steigern konnten die deutschen Exporteure auch ihre Ausfuhren in die Tschechische Republik (+6,1 Prozent), nach Ungarn und in die Slowakei (jeweils +5,4 Prozent) sowie nach Estland (+11,4 Prozent). Auch die deutschen Einfuhren aus Mittelosteuropa zogen erneut spürbar an. „Zahlreiche neue Investitionsprojekte wie die Werke von Mercedes in Polen und BMW in Ungarn werden die Rolle dieser Region weiter festigen“, sagte Büchele.

Kräftige Zuwächse in Südosteuropa

Die deutschen Wirtschaftsbeziehungen mit Südosteuropa entwickeln sich ebenfalls sehr positiv. Die Lieferungen nach Rumänien, dem fünftgrößten deutschen Absatzmarkt in Osteuropa, stiegen um 7,3 Prozent auf 16,2 Milliarden Euro. Kräftige Zuwächse gab es insbesondere bei den Exporten nach Serbien (+12,2 Prozent), Kosovo (+19 Prozent), Montenegro (+17,4 Prozent) und Nordmazedonien (+16,2 Prozent). „Mit der Beilegung des Namensstreits mit Griechenland und zahlreichen Reformen hat Nordmazedonien zuletzt einen sehr erfolgreichen Kurs eingeschlagen“, sagte Büchele. „Wir hoffen jetzt auf den baldigen Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen. Dies wird sich hoffentlich auch positiv auf die Reformanstrengungen in den anderen Ländern der Region auswirken“, so Büchele. „Auch die Wirtschaftsbeziehungen zu den übrigen Westbalkan-Staaten entwickeln sich gut, wir würden uns allerdings eine höhere Dynamik in der regionalen Zusammenarbeit wünschen“, betonte Büchele.

Ausfuhren nach Russland stagnieren

Licht und Schatten gibt es im deutschen Außenhandel mit Russland: Durch den zeitweise kräftigen Anstieg der Ölpreise und steigende Volumen beim Import von Erdgas stieg der Wert der deutschen Importe aus Russland um 14,6 Prozent auf nun 36 Milliarden Euro. Die deutschen Lieferungen nach Russland stagnierten dagegen nahezu bei knapp 26 Milliarden Euro (+0,8 Prozent). „Die verhaltene Konjunktur in Russland, der anhaltend schwache Rubel und die Sanktionspolitik tragen zur Stagnation der deutschen Ausfuhren nach Russland bei“, sagte Büchele: „Die fortlaufenden Diskussionen über neue Wirtschaftssanktionen der USA gegen Russland führen zu einer massiven Verunsicherung bei deutschen Unternehmen und ihren russischen Partnern. Hier wünschen wir uns dringend politische Entspannungssignale und eine neue Dynamik im Dialog miteinander.“
 
In der deutschen Exportstatistik belegt Russland inzwischen weltweit nur mehr Platz 15 und ist 2018 sogar hinter Ungarn zurückgefallen. Im Jahr 2012, als die deutschen Exporte nach Russland einen Rekordwert von 38 Milliarden Euro erreichen konnten, rangierte Russland noch auf Platz elf. Auch die Exportaussichten für 2019 sind getrübt: In einer Ende 2018 von OAOEV und AHK Russland gemeinsam durchgeführten Geschäftsklima-Umfrage rechnen 70 Prozent der befragten deutschen Unternehmen in Russland mit stagnierenden oder sogar rückläufigen Exporten.
 
Um wieder mehr Dynamik in die bilateralen Beziehungen zu bringen, hatte der OAOEV im Januar eine „Neue Agenda“ vorgelegt, in dem 15 Bereiche für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland von der Digitalisierung bis zur Kooperation im Weltraum identifiziert werden. „Wir sind fest davon überzeugt, dass gemeinsame wirtschaftliche Projekte mit Russland auch einer politischen Wiederannäherung förderlich sind. Es gibt viele Felder, auf denen wir trotz der bestehenden Sanktionen hervorragend zusammenarbeiten können“, sagte Büchele.

Einfuhren aus der Ukraine legen kräftig zu

Eine ähnliche Diskrepanz zwischen der Ex- und Importentwicklung gibt es auch im deutschen Handel mit der Ukraine: Die deutschen Exporte in das Land legten 2018 mit 3,3 Prozent nur unterdurchschnittlich auf 4,5 Milliarden Euro zu. Die Importe aus der Ukraine wuchsen dagegen erneut kräftig um 17,4 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro. „Dies zeigt, dass die Ukraine zwar einerseits von verbesserten Absatzmöglichkeiten in der EU im Rahmen der Assoziierung profitiert, Binnennachfrage und Rahmenbedingungen aber noch nicht gut genug sind, um einen nachhaltigen Anstieg der deutschen Ausfuhren zu ermöglichen. In den vergangenen Jahren konnte die Basis für einen Aufschwung der Ukraine deutlich verbessert werden. Wir hoffen jetzt, dass sich nach den Wahlen die Reformdynamik wieder beschleunigt“, sagte Büchele mit Blick auf die 2019 anstehenden Doppelwahlen von Präsident und Parlament.

Außenhandel profitiert von Reformkurs in Usbekistan und Armenien

Erfolgreicher als in Russland und der Ukraine waren deutsche Exporteure auf anderen GUS-Märkten: Besonders kräftige Exportzuwächse gab es in Armenien (+31,5 Prozent), Aserbaidschan (+26,7 Prozent) und in Usbekistan (+17,4 Prozent). „Sowohl in Armenien, als auch in Usbekistan setzen neue Regierungen konsequent auf Wirtschaftsreformen. Beide Länder sind für Investoren deutlich attraktiver geworden“, sagte der OAOEV-Vorsitzende Büchele. Anfang März wird der OAOEV mit einer Delegation Armenien besuchen. Usbekistan stand zuletzt mehrfach im Mittelpunkt von Reisen und Konferenzen des OAOEV. „Usbekistan ist mit über 30 Millionen Einwohnern ein Markt mit sehr großem Potenzial, die Aktivitäten deutscher Unternehmen haben dort sprunghaft zugenommen“, sagte Büchele. „Dies macht deutlich, welche Dynamik durch mutige Reformschritte entstehen kann.“
 

Ansprechpartner

Andreas Metz
Leiter Presse und Kommunikation
Tel.: 030 206167 -120
A.Metz@bdi.eu

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