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Widerstandsfähigkeit im Gesundheitssektor stärken

Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Harms eröffnete das digitale Health Forum. Foto: Ost-Ausschuss
23.10.2020
Corona-Pandemie verdeutlicht Bedeutung internationaler Kooperation und stabiler Lieferketten/ 3. German-East European & CIS Health Forum

Bereits zum dritten Mal fand am 23. Oktober das German-East European & CIS Health Forum als offizielles Side-Event zum World Health Forum statt. Die Corona-Pandemie gab in diesem Jahr eine Steilvorlage für die Veranstaltung, denn die Bedeutung der internationalen Kooperation im Gesundheitswesen ist spätestens mit dieser globalen Epidemie ins allgemeine Bewusstsein geraten. Das Gesundheitsforum, das vom Ost-Ausschuss und der GHA - German Health Alliance in Kooperation mit Siemens Healthineers und Spectaris organisiert wurde, brachte wieder Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft aus Deutschland und Osteuropa zum Informationsaustausch zusammen. Die dritte Ausgabe des Forums widmete sich aus gegebenem Anlass der Stärkung der Widerstandsfähigkeit und dem Innovationstransfer im Gesundheitssektor vor allem im Hinblick auf den russischen und andere GUS-Märkte. Wegen der Pandemie fand das Forum erstmals in einem digitalen Format statt.

Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms eröffnete das Health Forum und begrüßte insbesondere die beiden Keynote-Redner Johann Saathoff, den neuen Koordinator der Bundesregierung für die Kooperation mit Russland, Zentralasien und die Östliche Partnerschaft, sowie den stellvertretenden russischen Gesundheitsminister Viktor Fisenko. Roland Göhde, der Vorsitzende der GHA - German Health Alliance, hob zu Beginn die Bedeutung der Resilienz der Gesundheitssysteme hervor, die die Corona-Pandemie allen vor Augen führe, und rief zur Stärkung der „Gesundheitsdiplomatie“ auf. Es gehe um Austausch und Dialog und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Kooperation mit Russland

Johann Saathoff ging in seinem Vortrag zunächst auf die Herausforderungen der Corona-Epidemie für alle Beteiligten im Gesundheitssektor - Staat, Behörden, Krankenhäuser, Ärzte, aber auch NGOs und Forschungseinrichtungen ein -, und unterstrich ebenfalls die Bedeutung der internationalen Kooperation: „Länderübergreifende Gesundheitsrisiken verlangen nach internationaler Kooperation“, zitierte er den damaligen Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der dies 2014 bei der Eröffnung des World Health Summit vor dem Hintergrund der Ebola-Epidemie in Afrika gesagt hatte. Saathoff sprach sich für die Zusammenarbeit mit Russland aus, „wo immer es gemeinsame Interessen gibt, etwa bei der Corona-Pandemie. Wir müssen die gesundheitspolitischen Herausforderungen zum Wohl der Menschen in Osteuropa und Zentralasien gemeinsam meistern.

Der russische Vize-Minister Fisenko wies daraufhin, dass es seit dem Frühjahr bereits eine deutsch-russische Kooperation bei der Corona-Bekämpfung gebe und stellte die russischen Anti-Corona-Maßnahmen im Gesundheitssektor vor. Dazu gehörten Änderungen der Gesetzgebung zur Arznei- und Medizintechnikherstellung, die es ermöglichen, Arzneimittel unter bestimmten Bedingungen, etwa unter stationärer Beaufsichtigung, im Schnellverfahren zuzulassen. Fisenko ging ausführlich auf die teils umstrittene Impfstoffentwicklung in Russland ein. Bei der Kontrolle und Kommunikation kämen auch digitale Anwendungen und Apps zum Einsatz. Fisenko bezeichnete Corona daher als „erste digitale Pandemie.“ Russland habe zudem Importverfahren für Pharma- und Medizintechnikprodukte erleichtert, unter anderem für Testverfahren und Schutzkleidung. Dabei habe man gute Praktiken, u.a. aus der Europäischen Union berücksichtigt. Eine wichtige Erfahrung aus der Pandemie sei die Notwendigkeit, kontinuierliche Lieferketten in der Gesundheitswirtschaft zu gewährleisten. Besonders wichtig sei dabei die enge Zusammenarbeit zwischen den Bereichen Forschung, Herstellung von Medizinprodukten und der medizinischen Praxis.

Perspektive der Industrie

Im anschließenden Panel ging es um dies Stärkung der Resilienz im Gesundheitswesen aus Sicht der Industrie. Als wichtige Ansätze dafür wurden unter anderem der Einsatz von Telemedizin, flexiblerer Personaleinsatz, ein laufendes Monitoring der Kapazitäten im Gesundheitswesen und flexiblere Vergütungsmodelle genannt. Beklagt wurde, dass die Aufrechterhaltung der Lieferketten in der Pandemie nicht durchgehend möglich gewesen und die Frachtkosten teils um 500 Prozent gestiegen seien. Um die Stabilität der Lieferketten zu sichern, hat etwa Fresenius Medical Care, das bereits seit 30 Jahren in Russland tätig ist und dort rund 80 Dialyse-Zentren betreibt, eine Task Force für schnelle Reaktionen und Krisenmanagement eingerichtet. Als Hindernis wurde zudem empfunden, dass die Registrierung neuer Medizinprodukte in Russland bis zu zwei Jahre dauere. Das bedeute, dass neue Technologien in Russland erst verspätet ankämen. Wichtig sei es, dass Gesundheit nicht primär als Ausgabeposten, sondern vielmehr als Investition zu sehen sei, so die Sicht der STADA, die ihren zweitgrößten Markt in Russland hat. Daher sollten Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems wie Registrierungsverfahren zeiteffizienter gestaltet und ein Marktzugang zu bezahlbaren Preisen ermöglicht werden.

Die an der Diskussion teilnehmenden Unternehmen richten grundsätzlich den Blick nach vorne. Neben nachhaltigen und vorausschauenden Maßnahmen der staatlichen Akteure, u.a. bei der Bereitstellung von Beatmungsgeräten und Schutzkleidung, wird in den kommenden Monaten insbesondere die Entwicklung neuer Lösungen in puncto Impfinfrastruktur wichtig werden.

In einer zweiten Diskussionsrunde ging es dann um Innovationen und Digitalisierung im Gesundheitsmarkt und das Kooperationspotential für Forschung und Industrie. Das Institut für Digitale Medizin der Ersten Staatlichen Medizinischen Setschenow-Universität in Moskau macht es vor. Da bestehe enge Zusammenarbeit mit deutschen Forschern von der HTWG Konstanz und der Universität Reutlingen. Erneut wurden die Dauer der Zulassungsverfahren sowie die Hürden für den Markteintritt kritisiert. Vonseiten der russischen Gesundheitsindustrie merkte man an, das gleiche gelte für die deutschen und europäischen Zulassungsverfahren.  Als Lösungsansätze wurden eine Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern vor Ort und eine Lokalisierung der Produktion und dem Import einzelner Produktionskomponenten genannt. Lokalisierung bewähre sich jedoch erst ab einem bestimmten Marktvolumen. Daneben wurde auch die Schaffung von Infrastruktur, wie etwa dem Ausbau der Netzverbindungen in russischen Krankenhäusern angesprochen. Ost-Ausschuss Geschäftsführer Harms merkte an, dass Deutschland tendenziell besser für die Transformation zur Industrie 4.0 aufgestellt sei, während Russland bessere Schnittstellen zur Kundenseite vorweisen könne. Als Plattform für die weitere Aufarbeitung der wichtigen Themen des Forums böte sich der Arbeitskreis Gesundheitswirtschaft des Ost-Ausschusses und der GHA.

Die Präsentationen zur Veranstaltung finden Sie hier: https://gha.health/event/germaneasteuropeancishealthforum/

Christian Himmighoffen, Juri Marschall
Abteilung Presse und Kommunikation im Ost-Ausschuss

Ansprechpartner

Petya Hristova
Leiterin Arbeitskreis Gesundheitswirtschaft
Tel.: 030 20 61 67-155
P.Hristova@oa-ev.de

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