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IT-Expertise aus dem Osten Europas

Vertreter aus Politik und Wirtschaft diskutierten in der Online-Konferenz, Foto: A. Metz
16.12.2020
Die Ukraine im Mittelpunkt im Rahmen der Eastern Partnership Business Days

Am 16. Dezember standen im Rahmen der Eastern Partnership Business Days die Ukraine im Mittelpunkt des Interesses: Vertreter aus Politik und Wirtschaft diskutierten in einer Online-Konferenz über die Chancen, sich stärker an europäischen Wertschöpfungsketten zu beteiligen. Vor allem dem ukrainischen IT-Sektor, der Agrarwirtschaft und dem Maschinenbau wurden dabei ein erhebliches Entwicklungspotenzial attestiert. Veranstaltet wird die Reihe zu den Ländern der Östlichen Partnerschaft durch den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft in Kooperation mit NRW.Global Business, dem Auswärtigen Amt und der Europäischen Kommission im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft.

Die deutsche Botschafterin in Kiew Anka Feldhusen erklärte in Ihrem Grußwort, dass Deutschlands Ratspräsidentschaft Europa „stärker, gerechter und nachhaltiger“ machen wolle und die Länder der Östlichen Partnerschaft dabei mit im Blick habe. Vor allem bei den Themen „Digitale Souveränität Europas“ und europäischer Green Deal könne die Ukraine ein wichtiger Faktor werden. Dies bestätigte Chloe Allio von der EU-Delegation in Kiew. Die Europäische Union sei längst der größte Absatzmarkt für ukrainische Produkte. Doch das 2014 geschlossene Assoziierungsabkommen solle der Ukraine mehr als nur einen Marktzugang zur EU gewähren: „Es ist die Blaupause, um die Ukraine generell noch näher an die EU heranzuführen“.

Von ukrainischer Seite betonten der stellvertretende Wirtschaftsminister Taras Visotskyi aber auch Vertreter von Verbänden die starke Ausrichtung des Landes auf die EU und wünschten sich gemeinsame Initiativen, um die wirtschaftlichen Potenziale der Ukraine noch bekannter zu machen und vorhandene Stereotypen zu überwinden. Dabei ruhen die Hoffnungen auch auf einer Initiative der deutsch-ukrainischen Auslandshandelskammer, mit der die Ukraine als Alternative zur Produktion in Fernost ins Spiel gebracht werden soll.

Die Unterbrechung von Lieferketten aus China in der Anfangsphase der Corona-Krise, aber auch der Brexit hätten das Interesse an der Ukraine als Produktionsstandort deutlich gestärkt, sagte auch Philip Sweens, Geschäftsführer von HHLA International und Sprecher des Arbeitskreises Ukraine im Ost-Ausschuss. „Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, die Ukraine in Konkurrenz zu anderen Staaten zu positionieren.“ Allerdings seien dafür noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Die Investitionssicherheit müsse gestärkt und Reformziele noch konsequenter verwirklicht werden. Auch die Verkehrsinfrastruktur etwa bei der Eisenbahn und die Grenzabwicklung in die EU müsse verbessert werden.

Ukrainisches Interesse an Gaia-X

Gennadiy Chyzhykov, Präsident der Handels- und Industriekammer der Ukraine, und Eduard Rubin, CEO von Telesens, regten an, die Ukraine in das europäische IT-Projekt Gaia-X zu integrieren. Das Land verfüge über rund 200.000 Software-Ingenieure, 100 weltbekannte Firmen aus der Branche hätten sich schon mit Tochterfirmen in der Ukraine angesiedelt. Der IT-Sektor sei bereits nach der Landwirtschaft der zweitgrößte Exportsektor der ukrainischen Wirtschaft. Auf das Potenzial im Flugzeugbau und im Sektor Raumfahrt wies ein Vertreter von Ukraviaprom hin. Das Unternehmen ist unter anderem am Frachtflugzeug Antonov beteiligt und liefert Komponenten für Satelliten bis in die USA. Radoslaw Szkup vom Unternehmen Kostal Ukraine beleuchtete die Möglichkeiten des Landes in der Produktion von Zulieferteilen für die internationale Automobilindustrie. Und Evgen Kulikov von der Ukrsibbank BNP Paribas wies auf die Anstrengungen des Landes hin, am Green Deal der EU zu partizipieren. Sein Haus engagiere sich inzwischen stark für grüne Investitionen und wolle in diesem Sektor zur führenden Bank werden.

Aus den meisten Statements ging hervor, dass die Ukraine dabei ist, Ihr Image als Low-Cost-Land abzulegen und sich stattdessen als Land zur Produktion höherwertiger Waren zu profilieren. Gehemmt wird diese Entwicklung durch einen zunehmenden Fachkräftemangel. Die Abwanderung von jungem, gut ausgebildetem Personal in die EU bleibt ein Dauerproblem.

Andreas Metz, Leiter Public Affairs
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Ansprechpartner

Stefan Kägebein
Regionaldirektor Osteuropa
Tel.: 030 206167-113
S.Kaegebein@oa-ev.de

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