Über 300 Teilnehmende kamen am 27. November zur 3. Deutsch-Rumänisch-Moldauischen Wirtschaftskonferenz ins Stuttgarter Haus der Wirtschaft. In zahlreichen Keynotes und vier Fachpanels standen unter hochrangiger Vertretung aus Politik und Wirtschaft die Themen Nearshoring, Energie, Innovation und Sicherheit im Mittelpunkt. Veranstaltet wurde die Konferenz von der AHK Rumänien und dem Ost-Ausschuss in Kooperation mit der Landesregierung Baden-Württemberg.
Die Donau ist der längste Fluss in Zentraleuropa. Würde man nahe der Quelle im Schwarzwald ein Boot besteigen, könnte man nach 2857 Kilometern das Schwarze Meer erreichen und hätte dabei auch wichtige Häfen in Rumänien und der Republik Moldau passiert. Am Ende dieser langen Reise durch insgesamt zehn Länder erreicht man mit der Ukraine gleichzeitig auch ein Land, dem Russland einen blutigen Krieg aufgezwungen hat und das zusammen mit der Republik Moldau eines Tages EU-Mitglied werden möchte.
Die Donauregion ist dadurch nicht nur ein Wirtschaftsraum mit einem enormem Entwicklungspotenzial, sie ist gleichzeitig von höchster Bedeutung für die Stabilität und Sicherheit in Europa. Dies wurde in den zahlreichen Reden der Konferenz immer wieder betont. Auch deshalb stand beim letzten Panel der Konferenz das Thema Verteidigung und Sicherheit im Mittelpunkt. Gemeinsam mit Sicherheitspolitikern aus Moldau und Rumänien machten sich dabei Firmenvertreter von Quantum Systems und Airbus Gedanken, wie die Ostflanke der EU in Zukunft abgesichert werden könnte. Das Erfolgsrezept, wie auch bei allen anderen erfolgreichen Projekten: eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Koordinierung.
Die Konferenz in Stuttgart leistete einen wertvollen Beitrag dazu, dass diese Zusammenarbeit sich weiter intensiviert und Länder wie Rumänien und Moldau nicht mehr nur als verlängerte Werkbank mit günstigen Arbeitskräften sondern auch als Partner für Forschung und Entwicklung wahrgenommen werden.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann gab in seiner Keynote zur Eröffnung die Richtung vor: „Der Donauraum ist ein Chancenraum – für wirtschaftliche Entwicklung, Sicherheit und Stabilität in Europa.“ Vor allem lobte der erste und bislang einzige grüne Ministerpräsident dabei die Rolle Rumäniens für die Energiewende in Europa. „Rumänien mit seinem ausgewogenen Energiemix und eigenen Quellen ist ein deutscher Wunschpartner für die grüne Energietransformation und Energiesouveränität.“
Dass das Land neben dem Potenzial für Wind und Biomasse in Zukunft auch eine wichtige Rolle für die Versorgung Europas mit Erdgas leisten könnte, darauf wies Volker Raffel, Präsident der Deutsch-Rumänischen Handels- und Industriekammer (AHK Rumänien) hin. Spätestens 2027 soll ein neues, großes Erdgasvorkommen im Schwarzen Meer die kommerzielle Produktion beginnen.
Philipp Haußmann, Stellvertretender Vorsitzender des Ost-Ausschusses, hob insbesondere die jüngsten, positiven Entwicklungen in Rumänien und Moldau hervor: Rumänien ist seit 2025 Teil des Schengenraums, Moldau seit 2022 EU-Beitrittskandidat. „Wir haben jetzt die glückliche Situation, dass wir in beiden Ländern stark europäisch orientierte Regierungen haben. Diese Gelegenheit müssen wir beim Schopf ergreifen“, so Haußmann, der die EU dazu aufrief, die laufenden Beitrittsprozesse zu beschleunigen - für die Länder des Westlichen Balkans aber insbesondere auch für Moldau. Die kleine Republik hat sich selbst das Ziel gesetzt ab 2028 beitrittsfähig zu sein und unternimmt dazu enorme Anstrengungen.
Insgesamt beteiligten sich über 30 Referentinnen und Referenten aus allen drei Ländern im Rahmen der Keynotes und Paneldiskussionen, u.a. die rumänische Vize-Premierministerin Oana-Clara Gheorghiu und die baden-württembergischen Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut.
Gheorghiu skizzierte eine umfassende Reformagenda für ihr Land. So wolle die rumänische Regierung tausende von staatlichen Unternehmen umgestalten, stärker auf Effizienz orientieren und auch in Teilen privatisieren. Ein umfassender Bürokratieabbau und eine schnellere Digitalisierung sollen dabei helfen. Die Anstrengungen der Regierung hätten auch mit der Notwendigkeit einer stärkeren Fiskaldisziplin zu tun, um die enorme Staatsverschuldung wieder in den Griff zu bekommen. Viele Staatsunternehmen seien „Schwarze Löcher“ für Subventionen geworden, kritisierte die Vize-Premierministerin: „Ich weiß, dass man in Deutschland Effizienz schätzt. Das ist eine meiner Missionen in der Regierung.“ Gleichzeitig unterstrich Gheorghiu, dass Rumänien ein „Grundpfeiler der Stabilität im Schwarzmeer-Raum“ mit sicheren und guten Bedingungen für Investoren sei.
Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut erinnerte daran, dass jeder fünfte Euro, der in Rumänien gehandelt wird, aus Deutschland stamme und dabei über 100 Unternehmen aus Baden-Württemberg eine wesentliche Rolle spielten. Insbesondere Automobilzulieferer, Maschinenbauer und Baustoffproduzenten wie Bosch, Dräxlmeier, Knauf, Siemens Energy und ebm-papst – allesamt bei der Konferenz vertreten - sind große Investoren in Rumänien, aber auch in der Republik Moldau. Besonders dankbar sei sie, so Hoffmeister-Kraut, dass sich die Moldauer in den jüngsten Parlamentswahlen klar für die EU entschieden hätten. Gemeinsam gehe es darum, das Dampfschiff Europa durch schwieriges geopolitisches Fahrwasser zu lenken. „Ich bin sicher, wir kommen voran.“
Der Vize-Premierminister Eugeniu Osmochescu aus der Republik Moldau nahm das vielfach geäußerte Lob auf und empfahl den deutschen Unternehmen sein Land für Nearshoring-Aktivitäten. „Wir haben bewiesen, dass wir ein sicherer und stabiler Staat sind. Jetzt sollten wir alle gemeinsam Moldau in europäische Lieferketten integrieren.“ Ein besonders erfolgreiches Beispiel dafür sei die IT-Park-Initiative des Landes, die Investoren seit 2018 besonders preisgünstige Ansiedlungsbedingungen bietet.
Zu den hochrangigen Politikerinnen und Politikern, die nach Stuttgart angereist waren, gehörten Wirtschaftsminister Radu Miruță (Rumänien), Energieminister Dorin Junghietu (Moldau) und der rumänische Minister für Investitionen und EU-Projekte Dragoș Pîslaru. Stefan Rouenhoff, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, steuerte eine Video-Botschaft bei.
Am Ende eines langen Konferenztages konnten Moderator Sebastian Metz, Geschäftsführer der AHK Rumänien, und Anja Quiring, Regionaldirektorin für Südosteuropa im Ost-Ausschuss, ein positives Fazit ziehen. „Kooperation und Dialog sind essenziell für die trilateralen Beziehungen und für die EU“, so Quiring. Rumänien und Moldau hätten sich als Länder mit Kompetenzen und Lösungen präsentiert. Als Follow-up ist in der ersten Hälfte 2026 eine Expertenkonferenz mit einem Fokus auf die Schwarzmeer-Region geplant.
Andreas Metz
Leiter Public Affairs
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