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Stimmungslage: Heiter bis Wolkig

Jahersempfang des OAOEV in der Telekom-Hauptstadtrepräsentanz
28.06.2018
Jahresempfang des OAOEV/ Bundeswirtschaftsminister Altmaier spricht vor 200 Gästen in der Telekom-Hautpstadtrepräsentanz

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier prägte mit seiner Rede den ersten Jahresempfang des Ost-Ausschuss – Osteuropavereins am 28. Juni in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG. Im ehemaligen Kaiserlichen Telegrafenamt sprach Altmaier über die Reizthemen Sanktionen, Nord Stream 2 und Digitalisierung und kündigte an, im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland weiter aktiv zu vermitteln.

Die 200 Gäste des Abends, darunter viele Botschafter, Partner, Freunde und Mitglieder des Ost-Ausschuss – Osteuropavereins (OAOEV) wurden von Thomas Kremer, zuständiges Vorstandsmitglied für Datenschutz, Recht und Compliance bei der Deutschen Telekom AG, begrüßt. Kremer erinnerte an die Anfänge der Telekommunikation in Berlin und forderte Wirtschaft und Politik dazu auf, gemeinsam eine Vision für die Zukunft zu entwickeln: „Wie sieht das digitale Europa aus, wo wollen wir hin?“ Deutschland sei derzeit digital nur Mittelmaß. „Das kann nicht unser Anspruch sein!“

Rückendeckung für Nord Stream 2

C.L. Theodor Wuppermann informierte als Stellvertretender Vorsitzender des OAOEV die Gäste über die Neuaufstellung von Ost-Ausschuss und Osteuropaverein und die Gründung eines neuen, zwölften Arbeitskreises „Mittelosteuropa“ mit Fokus auf die östlichen EU-Länder. Dann dankte Wuppermann dem Bundeswirtschaftsministerium für die enge Abstimmung im Umgang mit den US-Russlandsanktionen und für die Rückendeckung für das Projekt Nord Stream 2. Gleichzeitig drückte er die Sorgen in der Wirtschaft über den gegenwärtigen Zustand der Regierungskoalition aus: „Ein Wettstreit von Ideen ist wichtig, aber nur solange auch die Fähigkeit zu tragfähigen Kompromissen besteht. Sonst führt Streit zu Zerfall und Rückschritt. Das gilt für Europa genauso wie für die deutsche Innenpolitik.“

Im Hinblick auf US-Strafzölle auf Stahl und Aluminium und auf die exterritoriale Anwendung von US-Sanktionen gegen europäische Unternehmen sprach sich Wuppermann für eine klare Antwort der EU aus: „Die Abwehr der EU muss hier stehen!“ Die Aktivierung des EU-Blocking-Statuts gegen US-Sanktionsrecht im Fall Iran sei ein wichtiges politisches Signal, müsse aber auch für die US-Russlandsanktionen gelten. „Wir müssen auch darauf achten, dass diese Ansage der EU auch mit Dollar-unabhängigen Finanzierungsangeboten und einem Kompensationsmechanismus unterlegt wird, falls europäische Unternehmen US-seitig sanktioniert werden sollten“, sagte der Stellvertretende OAOEV-Vorsitzende.

Auch bezüglich des chinesischen Seidenstraßen-Projekts mahnte Wuppermann eine EU-Strategie an. Mit Sorge beobachte die Wirtschaft, dass einzelne Länder in Kreditabhängigkeit von chinesischen Staatsbanken geraten würden und China dadurch Einfluss auf Ausschreibungsverfahren und politische Entscheidungen gewinne. Eine notwendige Antwort darauf müssten direkte Gespräche der Europäischen Kommission mit der Eurasischen Wirtschaftsunion über die Angleichung von Normen, Standards und Verfahren sein. „Abzuwarten, bis chinesische Standards in dem riesigen eurasischen Raum immer mehr Fuß fassen, ist jedenfalls keine Option“, betonte Wuppermann.

Werner von Siemens als Russland-Pionier

Bundeswirtschaftsminister Altmaier nahm den Veranstaltungsort zum Anlass, an den Telekommunikations-Pionier Werner von Siemens zu erinnern, „einen Urahn des Ost-Ausschusses“, wie er betonte. Siemens sei in den 1850er Jahren im Hundeschlitten nach St. Petersburg gefahren und habe dort einen wichtigen Auftrag zum Bau einer Telegrafenverbindung an Land gezogen – der Beginn des Aufstiegs eines Weltkonzerns.

Die gegenwärtige Lage der Welt nannte der Bundeswirtschaftsminister „heiter bis wolkig“. Die Weltwirtschaft sei gegenwärtig in einem „hervorragenden Zustand“, Deutschland werde 2019 das zehnte Wachstumsjahr in Folge erleben, gleichzeitig trübten Wolken in Form der Handelskonflikte mit den USA und der politischen Konflikte mit Russland das Bild.

„Wir wollen den Ukraine-Konflikt lösen, wir wollen, dass sich bei Nord Stream 2 unternehmerische Initiative entfalten kann und wir wollen unsere Beziehungen mit Russland Schritt für Schritt auf eine neue Basis stellen“, sagte Altmaier. Aus diesem Grund sei er gleich zu Anfang seiner Amtszeit nach Washington, Moskau und Kiew gereist. „Wir sind mitten in einem Prozess, wo ich versuche, die Fäden, die auf dem Boden lose herumlagen, wieder in die Hand zu nehmen und daraus etwas Positives zu machen.“

Im Hinblick auf das Pipeline-Projekt Nord Stream 2, unterstrich der Minister, dass die Ukraine auch nach einer möglichen Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline einen Anspruch auf einen substanziellen Gastransit aus Richtung Russland habe. Mit diesem Ziel würden die EU und Deutschland in Kürze Gespräche mit beiden Ländern führen. Gleichzeitig dürfe man auch im Interesse der Ukraine nicht zulassen, „dass dieses Projekt Nord Stream 2 leichtfertig torpediert und zerstört wird, weil dies die Einigungschancen und die Möglichkeit, den Krisenmodus zwischen Ukraine und Russland zu überwinden, wesentlich reduzieren würde.“ Nord Stream 2 trage zur Diversifizierung der Gasversorgung in Europa bei. Bislang seien bereits 4,5 Milliarden Euro in das Projekt investiert worden. Im Hinblick auf Wünsche der USA, mehr Flüssiggas LNG nach Deutschland zu exportieren, sprach sich Altmaier prinzipiell für den Bau von ein oder zwei Flüssiggasterminals aus. Allerdings könne man keine Garantie zur Abnahme von LNG geben, dies sei eine Frage wettbewerbsfähiger Preise.

Der Bundeswirtschaftsminister betonte, dass die Aufhebung der EU-Sanktionen gegen Russland von wesentlichen Fortschritten im Minsk-Prozess abhängig bleibe. Gleichzeitig würden die Europäer aber auch keine Veranlassung sehen, den USA in ihrer Sanktionspolitik gegen Russland zu folgen und die EU-Sanktionen ebenfalls auszuweiten. Niemand könne ein Interesse daran haben, „dass Russland weiter geschwächt wird und instabil wird“.

Gespräche mit der Eurasischen Wirtschaftsunion „auf dem Schirm“

Die Anregung zu Gesprächen von EU und Eurasischer Wirtschaftsunion griff Altmaier auf. Auch er habe dies „auf dem Schirm“. Man müsse dieses Thema zwar auch im Lichte des Minsk-Prozesses sehen, es sei aber so, „dass wir auch ein Interesse haben, dass Europa gegebenenfalls mit einem Teil von Asien in der Debatte über Digitalisierung, über Normierung, über Standards einen Stempel aufdrückt, weil davon Geschäftsfelder und Wertschöpfung abhängt.“

Dem OAOEV gratulierte Altmaier herzlich zur Vereinigung: „Wir brauchen Sie. Wir dürfen nicht zulassen, dass Mittel- und Osteuropa mit dem ganzen asiatischen Teil bis Wladiwostok irgendwo auf einem Abstellgleis des öffentlichen Interesses geschoben wird.“ Der Minister lobte die „große Expertise“ des Verbands und regte weitere Treffen an: „Bei allen wichtigen Fragen werden Sie mich jederzeit innerhalb von wenigen Stunden erreichen.“

Mitgliederversammlung mit dem Osteuropa-Beauftragten Wiese

Ähnlich gesprächsbereit hatte sich am Nachmittag auch der neue Osteuropa-Beauftragte der Bundesregierung Dirk Wiese gezeigt. Der junge SPD-Bundestagsabgeordnete, der das Amt im April von Gernot Erler übernommen hatte, stellte sich im Anschluss an die interne Jahresmitgliederversammlung den Mitgliedern des OAOEV vor. Er rief dazu auf, Kategorisierungen wie „Russland-Versteher“ und „außenpolitischer Falke“ zu überwinden und sprach sich für Visaerleichterungen für Jugendliche und einen direkten Dialog von EU-Kommission und Eurasischer Wirtschaftskommission aus.

Dieses Thema hatte bereits in der Mitgliederversammlung eine Rolle gespielt, an deren Ende die Mitgliedsunternehmen Continental und Claas ein Memorandum zur „Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraums von Lissabon bis Wladiwostok“ unterzeichneten. Das Memorandum wurde von der gleichnamigen Arbeitsgruppe erarbeitet, an der neben Unternehmen und Verbänden auch der OAOEV als Gründungsmitglied beteiligt ist. Ein weiteres Ergebnis der Mitgliederversammlung ist die Aufnahme des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel Dienstleistungen e.V. als Trägerverband des OAOEV, der damit bereits von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft getragen wird. Für den Sommer wird nun auch die Aufnahme des DIHK vorbereitet.

Andreas Metz,
Ost-Ausschuss - Osteuropaverein

Ansprechpartner

Andreas Metz
Tel: 030 206167-120
A.Metz@bdi.eu

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