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Südkaukasus im Fokus

Logo Eastern Partnership Business Days, Bild: OA
15.12.2020
Eastern Partnership Business Days zeigten wirtschaftliche Perspektiven in Armenien, Aserbaidschan und Georgien auf

Die drei Staaten des südlichen Kaukasus Armenien, Aserbaidschan und Georgien standen am 14. und 15. Dezember im Fokus der ersten beiden Eastern Partnership Business Days, die der Ost-Ausschuss zusammen mit NRW.Global Business, dem Auswärtigen Amt und der Europäischen Kommission im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft veranstaltete. Dabei standen die wirtschaftlichen Chancen einer Region im Mittelpunkt, die gerade durch den kriegerischen Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan in die Schlagzeilen geraten war. Für die deutsche Wirtschaft bieten die für sich genommen kleinen Märkte durchaus interessante Perspektiven, zumal den drei Ländern eine Brückenfunktion zwischen EU und Eurasischer Wirtschaftsunion (EAWU), Asien und Europa zukommt.

Armenien zwischen EU und EAWU

Armenien stand im Fokus der ersten Veranstaltung, die von Ost-Ausschuss-Regionaldirektor Stefan Kägebein moderiert wurde. Die EU-Botschafterin in Armenien Andrea Wiktorin gab zu Beginn einen Überblick über die EU-Beziehungen des Landes, das seit Juni 2018 ein Partnerschaftsabkommen mit der EU unterhält und von EU-Programmen zum Beispiel zur Unterstützung von KMU profitiert. Auch Vize-Wirtschaftsminister Varos Simonyan hob die Bedeutung der EU für sein Land hervor, die einer der wichtigsten Handels- und Wirtschaftspartner Armeniens sei. Dabei profitiert das Kaukasus-Land seit 2019 vom bevorzugten Zugang zum EU-Markt im Rahmen des GSP+-Mechanismus. Als Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion wird die Handelspolitik allerdings zum Teil von der EAWU-Kommission bestimmt.

Diana Sarumova, von der European Business Association im Eriwan wies darauf hin, dass die endgültige Lösung des Konflikts mit Aserbaidschan eine wichtige Voraussetzung für ein verbessertes Geschäftsumfeld sei. Meline Fereshetyan von Ernst & Young präsentierte die steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in Armenien, bevor Ricardo Giucci vom German Economic Team Armenia einen aktuelle Investorenstudie mit 13 Reformvorschlägen aus der Wirtschaft vorstellte. Reformbedürftig seien vor allem das Wettbewerbs- und Arbeitsrecht. Zum Abschluss stellten in- und ausländische Investoren wie Siemens AG, Synergy International Systems und Euroterm CJSC ihre Aktivitäten in den aussichtsreichen Sektoren Energie, Digitalisierung und Agribusiness vor.

Aserbaidschan will nicht nur Energielieferant sein

Um Aserbaidschan ging es dann in der zweiten Sitzung im Rahmen der Eastern Partnership Business Days. Vize-Wirtschaftsminister Rovshan Najaf berichtete über die Auswirkungen der Corona-Krise, die die Regierung unter anderem mit Steuerbefreiungen für KMU abfedert. Der EU-Botschafter in Baku Kestutis Jankauskas ging anschließend auf die Beziehungen der EU mit dem Kaukasusland ein, das seit 2017 über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Brüssel verhandelt. Uwe Strohbach von Germany Trade and Invest (gtai) gab einen Überblick über die Wirtschaftsentwicklung, das zwar grundsätzlich gute Absatzchancen für den Maschinenbau biete, aber in den letzten Jahren mit rückläufigen Investitionen zu kämpfen hatte. Zu den aussichtsreichen Branchen zählten der Infrastrukturausbau (Transport, Energie, Wasser), die verarbeitende Industrie, Landwirtschaft und Logistik (Seehafen Baku).

Yusif Abdullayev von der aserischen Investitionsagentur AZPROMO stellte die Prioritäten der Regierung bei der Wirtschaftsentwicklung vor, unter anderem Tourismus, Telekom, Digitalisierung, Chemie und Logistik. Tobias Baumann von der AHK Aserbaidschan spiegelte die grundsätzlich positive Einschätzung deutscher Unternehmen vor Ort wider. Als Herausforderung würden unverändert die Steuer- und Zolltarife bewertet. In der abschließenden Runde ging es dann um die Digitalisierungsvorhaben der Regierung und die Projekte der deutschen Investoren Siemens und Uniper im aserischen Strom- und Gassektor. Mit der Eröffnung des Südlichen Gaskorridors ist das Land gerade zu einem wichtigen neuen Energielieferanten der EU geworden.

Georgien setzt auf Ausbau der Infrastruktur und Bildung

Am Tag zwei stand dann Georgien im Mittelpunkt. Andreas Räschmeier, CEO der Veridos GmbH und Sprecher des Arbeitskreises Südkaukasus im Ost-Ausschuss, führte durch die Sitzung. Der georgische Botschafter in Berlin Prof. Levan Iozaria und der deutsche Botschafter in Tiflis,Hubert Knirsch, eröffneten das Panel und betonten beide, dass Georgien bei der Sicherung von Lieferketten und durch eine kluge Wirtschafts- und Finanzpolitik während der Covid-Pandemie eine sehr konstruktive und stabilisierende Rolle einnimmt. Eine größere Konnektivität, der Ausbau der Infrastruktur im Bereich Verkehr und Digitales sowie die Weiterentwicklung der Agrarwirtschaft seien darüber hinaus wichtige Faktoren für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg des Landes. Catalin Gherman, Repräsentant der EU-Delegation in Georgien, bekräftigte das Engagement der EU für und in dem Land.

Das vertiefte Freihandelsabkommen mit der EU habe die georgische Wirtschaft in den vergangenen Jahren auf ihrem Wachstumspfad erheblich unterstützt, wie Giorgi Pertaia, Präsident der Handelskammer von Georgien, betonte. Um daraus weitern Nutzen zu ziehen, müsse nun noch mehr Know-how in der Produktzertifzierung aufgebaut, die Exportinfrastruktur weiter ausgebaut und neue Handelspartner erschlossen werden. Pertaia lobte ausdrücklich, dass ab dem Jahr 2021 rund ein Viertel des jährlichen georgischen Etats in Bildungsausgaben fließen sollen. Für ein rohstoffarmes Land sei dies eine entscheidende strategische Entscheidung, um die Entwicklung von einem Land mit niedrigen Lohnkosten hin zu vertiefter Wertschöpfung voranzutreiben. Sascha Ternes, Präsident der Deutschen Wirtschaftsvereinigung in Georgien, unterstützte diesen Ansatz, denn für Investitionsentscheidungen von Unternehmen seien verfügbare und gut qualifizierte Fachkräfte ein zentrales Argument.

Im zweiten Teil stellten die Schuchmann Group aus Nordrhein-Westfalen sowie die ProCredit Bank ihre Engagements im Land vor und gaben einen Überblick über Tourismus, Agrarwirtschaft und Finanzen. Mit der Silkwater Group und dem Unternehmen Basalt Fiber stellten zudem zwei innovative georgische Unternehmen aus dem Bereich Nahrungsmittelerzeugung beziehungsweise innovative Baustoffe, wettbewerbsfähige Lösungen vor. Abschließend unterstrich Korneli Korchilava, Leiter der HHLA Projekts Logistics in Tiflis, die Brücken- und Scharnierfunktion des Landes im Logistikbereich zwischen Europa und Asien.

Stefan Kägebein, Regionaldirektor Osteuropa
Christian Himmighoffen, Leiter Presse und Kommunikation
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

 

Ansprechpartner

Stefan Kägebein
Regionaldirektor Osteuropa
Tel.: 030 206167-113
S.Kaegebein@oa-ev.de

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