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Gelassenheit und Vorsicht

03.02.2022
Deutsche Unternehmen tauschten sich über die Situation in der Ukraine aus

Der Austausch über die aktuelle Situation deutscher Unternehmen in der Ukraine war Thema eines Hintergrundgesprächs, zu dem das Honorarkonsulat der Ukraine in Baden-Württemberg in Kooperation mit der AHK Ukraine und dem Ost-Ausschuss am 3. Februar eingeladen hatte. Über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, Informationen und Einschätzungen zur Situation der deutschen Wirtschaft vor Ort auszutauschen. Moderiert wurde der Online-Austausch vom Honorarkonsul der Ukraine in Baden-Württemberg Willi Prettl.

Wachsende Attraktivität

Stefan Kägebein, für die Ukraine zuständiger Regionaldirektor im Ost-Ausschuss, verdeutlichte anhand finanzwirtschaftlicher Indikatoren, etwa den fallenden Aktienkursen und steigenden Zinsen in der Ukraine und Russland, wie die aktuellen Spannungen der Wirtschaft in der gesamten Region schaden. Die Mitgliedsunternehmen des Ost-Ausschusses verfolgen nach seiner Beobachtung weiter ihr Tagesgeschäft und analysieren die aktuelle Situation sorgfältig. Insgesamt sei die Ukraine in den vergangenen Jahren „ökonomisch resilienter“ geworden. Dazu hätten die solide Zentralbankpolitik und die IWF-Unterstützung beigetragen. Die EU habe gerade 1,2 Milliarden Euro an Makrofinanzhilfe zugesagt. Das Land habe in verschiedenen Bereichen an Attraktivität gewonnen, etwa durch die wachsende Bedeutung des IT-Sektors und den leistungsfähigen Agrarsektor. Der Ost-Ausschuss beobachte die Situation aufmerksam und begrüße die diplomatischen Aktivitäten europäischer Länder und der USA zur Lösung des Konflikts.

Kägebein unterstrich, dass der Ost-Ausschuss an allen geplanten Ukraine-Aktivitäten für das Jahr 2022 festhalte. Konkret nannte er den engen Austausch mit der deutschen und ukrainischen Regierung über den „Grünen Fonds“. Dies umfasse fünf größere Projekte zum Thema Wasserstoffproduktion in der Ukraine, die der Ost-Ausschuss aktiv im Rahmen seines „Wasserstoffnetzwerks Ukraine“ begleite. Geplant seien außerdem digitale Gespräche mit Wirtschaftsministerin Julia Swiridenko für März, eine Delegationsreise nach Kiew im Mai und als neues Projekt die Entwicklung eines Netzwerks von jungen Unternehmern und Managern aus der Ukraine und Deutschland im Laufe des ersten Halbjahrs 2022.

60.000 Arbeitsplätze geschaffen

Oleksii Antoniuk von der Wirtschaftsabteilung der ukrainischen Botschaft in Berlin warb für eine diplomatische Lösung unter anderem im Rahmen des wieder aktivierten Normandie-Formats. „Die Entscheidung liegt in Moskau“, sagte Antoniuk. Er verwies auf die positive Entwicklung des deutsch-ukrainischen Handels, der in den ersten elf Monaten 2021 um 19 Prozent zugelegt hat und kündigte für 2022 das fünfte Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum an. Antoniuk dankte den deutschen Unternehmen in der Ukraine, die dort 60.000 Arbeitsplätze geschaffen hätten. „Bleiben Sie in Ukraine, entwickeln sie neue Investitionsprojekte“, forderte Antoniuk sie auf. 

Alexander Markus von der AHK in Kiew verortete die aktuelle Aufregung mehr außerhalb als innerhalb der Ukraine. Er kenne keine deutschen Unternehmen, die das Land verließen. Alle Unternehmen hätten aber Notfallpläne in der Schublade, dies gehöre zum Risikomanagement. Es gäbe in den letzten Monaten sogar viele neue Anfragen nach Investitionen, zum Beispiel im Handel. Markus gab die Empfehlung der Botschaft an alle deutschen Bürgerinnen und Bürger in der Ukraine weiter, sich bei der Botschaft zu registrieren. Es gebe aber keinen Grund, das Land zu verlassen. Dies sei aber auch eine sehr persönliche Einschätzung: „Sie können nicht arbeiten, wenn sie dauernd Angst haben“, sagte Markus. „Wenn es für Ihre Psyche nicht gut ist, sollten Sie aus eigenem Interesse das Land verlassen.“ Am Montag, den 14. Februar 2022, um 14:00 – 15:00 Uhr (MEZ)/15:00 – 16:00 (OEZ) laden die AHK Ukraine und der Ost-Ausschuss Trägerverband DIHK zum Webinar „Aktuelle Situation in der Ukraine“ ein. Die Anmeldung ist über folgende Seite möglich:

Überwiegend gelassen

In der anschließenden Diskussion zeigten sich die Vertreter deutscher Unternehmen in der Ukraine überwiegend gelassen. Eine gewisse Besorgnis wurde über mögliche Auswirkungen von Reisewarnungen für entsendete Mitarbeiter und Zulieferer geäußert. Alle Teilnehmenden, die sich zu Wort meldeten, zeigten sich bereit, das Ukraine-Geschäft weiter auszubauen. Es sei aber vernünftig, Notfallpläne zu aktualisieren und die Situation genau zu beobachten. „Die Situation ist ein Marathon, und wird nicht Ende dieses Monats enden“, so ein Teilnehmer. „Der beste Weg die Ukraine zu unterstützen, ist es, zu bleiben, die Aktivitäten fortzusetzen und zu expandieren“, resümierte Ost-Ausschuss Geschäftsführer Michael Harms.

Der ukrainische Honorarkonsul bedankte sich für die spannende und konstruktive Diskussion. 

Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation

 

Ansprechpartner

Stefan Kägebein
Regionaldirektor Osteuropa
Tel.: 030 206167-113
S.Kaegebein@oa-ev.de

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