Der deutsche Osthandel erwies sich im ersten Halbjahr 2024 erneut als stabilisierender Faktor im deutschen Außenhandel. Die deutschen Exporte in die 29 Zielländer des Ost-Ausschusses in Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien lagen im ersten Halbjahr 2024 mit gut 145 Milliarden Euro etwas über dem Niveau des ersten Vorjahreshalbjahres, während die deutschen Ausfuhren insgesamt rückläufig waren (-1,6 Prozent). Polen überholte dabei China als deutschen Absatzmarkt. Das zeigen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes für das erste Halbjahr 2024, die der Ost-Ausschuss aktuell ausgewertet hat. Die deutschen Importe aus der Region sanken vor dem Hintergrund der schwachen deutschen Konjunktur um 3,5 Prozent auf 131 Milliarden Euro. Allein die deutschen Importe aus Russland brachen im Vorjahresvergleich um 58 Prozent ein. Unter dem Strich war das deutsche Handelsvolumen mit Mittel- und Osteuropa damit um 1,5 Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2023.
„Die 29 mittel- und osteuropäischen Länder, auf die fast 19 Prozent des deutschen Außenhandels entfallen, haben sich erneut als Stütze der deutschen Exportwirtschaft erwiesen“, sagt Cathrina Claas-Mühlhäuser, die Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. „Die breite Aufstellung der deutschen Unternehmen im östlichen Europa und Zentralasien zahlt sich aus und ermöglicht es, Schwächephasen in einzelnen Märkten an anderer Stelle auszugleichen.“
Das leichte Exportplus wurde vor allem durch höhere deutsche Lieferungen nach Polen, Ungarn, Rumänien und in andere südosteuropäische Länder ermöglicht. Allein die deutschen Ausfuhren nach Polen legten im ersten Halbjahr 2024 um mehr als zwei Milliarden Euro auf 48,4 Milliarden Euro zu (+4,6 Prozent). Die deutschen Exporte nach China betrugen im gleichen Zeitraum 48,2 Milliarden Euro. „20 Jahre nach der großen EU-Erweiterung 2004 hat Polen China als Absatzmarkt für deutsche Produkte überholt“, sagt Claas-Mühlhäuser. Das sei ein bemerkenswerter Erfolg, auch im Hinblick auf die dringend notwendige Diversifizierung der deutschen Wirtschaft. „Dies sollte für die neue EU-Kommission und die Beitrittskandidaten ein Ansporn sein, die Erweiterung der EU nach Osten und Südosten zügig fortzusetzen“, so die Ost-Ausschuss-Vorsitzende. „Die Vergrößerung des EU-Binnenmarktes ist ein europäisches Konjunkturprogramm, das sich durch die wirtschaftlichen Vorteile am Ende selbst finanziert.“ Gleichzeitig müssten Verstöße gegen Binnenmarktregeln konsequent geahndet werden, fordert Claas-Mühlhäuser mit Blick auf Ungarn, wo deutsche und andere ausländische Unternehmen in einzelnen Branchen vom Markt verdrängt werden sollen.
Positiv entwickelte sich der deutsche Handel mit der Ukraine. Die deutschen Lieferungen in das Land stiegen im ersten Halbjahr um 6,7 Prozent, die Importe von dort sogar um ein Fünftel. In der Rangliste der deutschen Außenhandelspartner lag die Ukraine unter den 29 Zielländern des Ost-Ausschusses im ersten Halbjahr 2024 vor Russland auf Platz acht. „Die deutsche Wirtschaft baut ihr Engagement in und für die Ukraine aus“, sagt Cathrina Claas-Mühlhäuser. „Dafür ist es wichtig, einen reibungslosen Waren- und Zahlungsverkehr mit der Ukraine zu gewährleisten und noch bestehende finanzielle und infrastrukturelle Engpässe zu beseitigen.“
Dagegen verliert Russland als Handelspartner weiter an Bedeutung: Die deutschen Exporte dorthin sanken im 1. Halbjahr 2024 um 1,2 Milliarden Euro (-25 Prozent), die deutschen Importe aus Russland brachen im Vorjahresvergleich sogar um 1,5 Milliarden Euro
(-58 Prozent) auf nur noch gut eine Milliarde Euro ein.
Kasachstan schickt sich daher an, Russland beim Handel mit Deutschland zu überrunden. „Kasachstan bietet mit seinen Energie- und Rohstoffvorkommen, seinem landwirtschaftlichen Potenzial und seinem Modernisierungsbedarf enorme Chancen für die deutsche Wirtschaft“, sagt Claas-Mühlhäuser. „Wir müssen aber aufpassen, dass wir uns diese nicht durch eine überbordende Exportbürokratie verbauen und jede Lieferung in diese Wachstumsregion pauschal als Sanktionsumgehung verdächtigen. Deutsche Unternehmen arbeiten kontinuierlich daran, Schlupflöcher im Sanktionsregime zu schließen und verdienen dabei unser Vertrauen.“
Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation
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