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Richtiger Umgang mit Russland-Sanktionen

Andreas Metz, OAOEV (l.o); Tanja Galander, PwC ( r.o.); Marcus Kreft, Auswärtiges Amt (l.u.); Foto: OAOEV
30.04.2020
Webinar von OAOEV und PwC/ OAOEV-Webinar in Kooperation mit PwC/ Praktische Tipps für die Compliance

Am 30. April organisierte der OAOEV in Zusammenarbeit mit PwC ein Webinar zum Thema „Richtiger Umgang mit Russland-Sanktionen“, an dem sich zeitweise über 90 Teilnehmer beteiligten. Die Experten gaben Empfehlungen zu Compliance Systemen und zur vertraglichen Absicherung gegen Sanktionsverstöße von Geschäftspartnern. Zur Sprache kamen zudem die in diesem Frühjahr erlassenen neuen US-Sanktionen gegen Rosneft Trading sowie Gefahren im Zusammenhang mit Geldwäsche. Ein Referent aus dem Auswärtigen Amt informierte über INSTEX und die Debatte über EU-Maßnahmen gegen extraterritoriale US-Sanktionen.

Andreas Metz, Leiter Presse und Kommunikation im OAOEV, führte in das Thema ein und informierte über den gegenwärtigen Stand der US-Russlandsanktionen. Zuletzt waren im Dezember 2019 neue Sanktionen im Rahmen der Verabschiedung des US-Verteidigungsbudgets gegen die an den Pipelineprojekten Nord Stream 2 und Turkstream beteiligten Verlegeschiffe verabschiedet worden, im Februar und März 2020 folgten US-Sanktionen gegen die Ölhandelsunternehmen Rosneft Trading und TNK Trading International mit Sitz in der Schweiz, um Öllieferungen aus Venezuela zu unterbinden. Insgesamt, das zeigen die Statistiken des amerikanischen Office of Foreign Asset Control (OFAC) nimmt die Neigung in den USA zur Einführung von Sanktionen weiter zu: Die ersten drei Jahre der Trump-Administration waren die Jahre mit dem höchsten Zuwachs an neuen, individuellen Sanktionen mit 1474 Maßnahmen allein im Jahr 2018. Die Strafzahlungen an das OFAC erreichten mit 1,4 Milliarden Dollar 2019 einen neuen Höchststand. Während die EU bislang keine konkreten Maßnahmen als Reaktion auf US-Russlandsanktionen zu Lasten europäischer Unternehmen ergriffen hat, versucht sie bezüglich der wesentlich härteren Iran-Sanktionen die Interessen der europäischen Wirtschaft mit Gegenmaßnahmen zu schützen, allerdings mit überschaubarem Erfolg.

Anwendungsbereich von US-Sanktionen

Tanja Galander von der PwC Russia Business Group informierte in ihrem Vortrag über Regelungsinhalte der EU- und US-Russlandsanktionen. Die Sanktionen erforderten für deutsche Unternehmen bestimmte vertragliche Regelungen, um die Anforderungen der Sanktionssysteme einzuhalten, die eigene Haftung zu minimieren, sich von Verpflichtungen zu befreien oder gegebenenfalls, um russische Vertragspartner bei Verstößen haftbar machen zu können. In der Praxis enthielten vermehrt Kreditverträge mit finanzierenden Banken spiegelbildliche Sanktionsklauseln.
Galander ging ebenfalls auf die im Frühjahr 2020 neu eingeführten Sanktionen gegen Rosneft Trading S.A. und TNK Trading International S.A. ein. Diese Listungen umfassten auch direkte oder indirekte Beteiligungen (über 50 Prozent) der genannten Unternehmen, nicht jedoch die Muttergesellschaft PAO Rosneft (Russland). US-Personen dürften keine Geschäfte mehr mit diesen Unternehmen tätigen. Es gelte ein Übergangszeitraum bis zum 20. Mai 2020. Die Executive Order umfasse auch wesentliche Hilfe, finanzielle, materielle oder technologische Unterstützung, Lieferung von Gütern oder Gewährung von Dienstleistungen für gelistete Personen. Aufgrund dieser Regelung und gemäß Verlautbarung der OFAC müssten auch Nicht-US-Personen ihre Geschäfte mit Rosneft Trading beenden.

INSTEX kommt in Gang

Als alternativen Zahlungskanal in Zeiten von US-Finanzsanktionen gegen den Iran hat die Bundesregierung zusammen mit Großbritannien und Frankreich die Plattform INSTEX gegründet. Marcus Kreft vom Auswärtigen Amt informierte im Webinar über diesen Zahlungsmechanismus, der im März die erste erfolgreiche Transaktion mit dem Iran verbuchen konnte. Aktuell sei man mit etwa 50 weiteren europäischen Exporteuren im Gespräch, die bereit seien, den Kanal zu nutzen. Corona sorge aber auch hier für Verzögerungen, insbesondere auf iranischer Seite, deren Zustimmung nötig sei. Generell habe das Corona-Virus auch eine Debatte darüber angestoßen, inwieweit Sanktionen humanitäre Hilfslieferungen behinderten, die aktuell dringend gebraucht würden. Es sei deutlich, dass die Sanktionen gerade im Finanzbereich auch Nichtregierungsorganisationen in ihrer Arbeit einschränkten. Auch hier sei das Auswärtige Amt gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien im Gespräch mit US-Vertretern. Außerdem nehme in Kürze auf Initiative des Auswärtigen Amtes in Zusammenarbeit mit dem BDI, dem Think Tank ECFR und weiteren Partnern auch aus dem Bankensektor eine internationale Arbeitsgruppe ihre Arbeit auf, um eine Strategie zum weiteren Umgang mit extraterritorialen US-Sanktionen zu entwickeln. Abschließend wies Marcus Kreft auf anstehende Umstrukturierungen im Auswärtigen Amt hin. Die Arbeit zum Thema Wirtschaftssanktionen werde im Ministerium dadurch weiter intensiviert und auch organisatorisch entsprechend abgebildet.

Sanctions Compliance Management als Wettbewerbsvorteil

Im abschließenden Vortrag informierten Lothar Müller und Marco Smeets vom PwC Forensic Services über Sanctions Compliance Management und möglichen Synergieeffekten bezüglich der Bekämpfung von Geldwäsche. Generell müssten sich Unternehmen bewusst darüber sein, dass durch intensive Untersuchungen bei Banken möglicherweise Geschäftsaktivitäten in den Mittelpunkt rückten, an denen sie beteiligt waren. Daher sollten auch Unternehmen ohne US-Nexus einen möglichen Einfluss von US-Vorgaben auf das Unternehmen prüfen, um nicht mit dem Risiko konfrontiert zu werden, durch die USA auf eine Terrorliste gesetzt zu werden oder hohe Geldstrafen zahlen zu müssen. Der Umfang von Strafen und der Auflagen bei Verstößen gegen US-Wirtschaftssanktionen basiere meist nicht nur auf dem Verstoß selbst, sondern berücksichtige auch die Wirksamkeit eines Sanctions Compliance Managements. Dieses wiederum könne sich bei entsprechender Sorgfalt zu einem Wettbewerbsvorteil gegenüber Mitbewerbern entwickeln (Unternehmen als verlässlicher Partner in der Lieferkette).

Im Rahmen der Prävention ließen sich zudem Synergieeffekte gegenüber anderen regulatorischen Themen realisieren. Maßnahmen zur Überwachung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung hätten generell einen engen Bezug zur Sanktionsüberprüfung. Wesentliche Aktivitäten und Maßnahmen könnten dadurch effizient implementiert werden, jedoch sei zwingend auf die notwendige Trennschärfe zu achten. Unternehmen müssten sich bewusst sein, dass Banken im Rahmen von Geldwäscheverdachtsmeldungen, neben Transaktionsdaten der Unternehmen auch personenbezogene Daten (z.B. Personalausweis, Daten über wirtschaftlich Berechtigte) an (Strafverfolgungs-)Behörden leiteten. Insbesondere seit der 4. EU-Geldwäscheverordnung würden auch Güterhändler diesbezüglich stärker in die Pflicht genommen.
 
Andreas Metz (OAOEV),
Tanja Galander und Lothar Müller (PwC)

Ansprechpartner

Andreas Metz
Leiter Presse und Kommunikation
Tel.: 030 206167-120
A.Metz@bdi.eu

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