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Starke Erholung zum Jahresende

Containerhafen, Foto: Pixabay
19.02.2021
Deutscher Osthandel 2020/ Polen unter den fünf wichtigsten deutschen Handelspartnern/ Handel mit Russland sinkt auf den niedrigsten Stand seit 2005

Die Corona-Krise hat 2020 zu deutlichen Einbußen im deutschen Osthandel geführt. Gegen Jahresende zeigte der deutsche Außenhandel mit Mittel- und Osteuropa aber starke Erholungstendenzen. Nach den durch den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft ausgewerteten Zahlen des Statistischen Bundesamts für das Gesamtjahr 2020 ging der deutsche Handel mit den 29 Partnerländern des Ost-Ausschusses um fast 39 Milliarden auf 423 Milliarden Euro zurück (-8,4 Prozent). Die deutschen Ausfuhren sanken dabei um 7,2 Prozent auf 214 Milliarden Euro. Die deutschen Importe aus der Region schrumpften um 9,5 Prozent auf 208 Milliarden Euro. Damit ist die deutsche Handelsbilanz mit der Region, die einen Anteil von fast 19 Prozent am gesamten deutschen Außenhandel hat, weiterhin nahezu ausgeglichen.

„Die Corona-Epidemie hat im Jahr 2020 auch im deutschen Osthandel deutliche Spuren hinterlassen“, kommentiert der Vorsitzende des Ost-Ausschusses Oliver Hermes das Handelsergebnis. „Die erfreuliche Nachricht ist: Ein Teil der dramatischen Einbrüche aus dem Frühjahr 2020 konnte im Jahresverlauf wettgemacht werden. Seit November liegt der Handel mit Mittel- und Osteuropa sogar über dem Niveau des Vorjahres.“

Mittelosteuropa trägt maßgeblich zur Erholung bei

Zur Erholung gegen Jahresende trugen insbesondere die mittelosteuropäischen EU-Mitglieder Polen, Tschechien und Ungarn bei. „Die intensive wirtschaftliche Verflechtung Deutschlands mit seinen drei größten Handelspartnern in Mittel- und Osteuropa sorgt seit November für eine deutliche Erholung bei Ex- und Importen“, sagt Hermes. „Zu diesem Erfolg haben die vielen deutschen Investitionen in Produktionsstandorte in der Region beigetragen, die längst fester Bestandteil der Wertschöpfungsketten der deutschen Industrie sind und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken. Dieser enge Produktionsverbund hilft uns jetzt bei der Bewältigung der Corona-Krise und sichert Arbeitsplätze in Deutschland.“

Mit großer Sorge beobachtet der Ost-Ausschuss daher die jüngste Grenzschließung zur Tschechischen Republik. „Wir müssen vermeiden, dass es wie im Frühjahr 2020 zu langen Grenzstaus und Lieferausfällen kommt“, sagt der Ost-Ausschuss-Vorsitzende: „Ein reibungsloser Warenverkehr ist systemrelevant, Lieferketten müssen aufrechterhalten werden. Wir fordern daher von der Politik, bei ihren Maßnahmen die wirtschaftliche und soziale Balance nicht aus dem Blick zu verlieren und pragmatische Lösungen anzubieten.“ Nur eine starke Industrie werde in der Lage sein, die massiven Wohlstandsverluste in Folge der Corona-Krise auszugleichen.

Polen rückt weiter nach vorne

Polen konnte 2020 seine Position als mit Abstand größter Handelspartner Deutschlands unter den 29 Partnerländern des Ost-Ausschusses ausbauen. Trotz der zwischenzeitlich starken Belastungen durch die Corona-Beschränkungen sank der deutsch-polnische Handel 2020 nur minimal um 0,4 Prozent auf 123 Milliarden Euro. Polen verdrängte dadurch Italien vom fünften Platz unter den deutschen Handelspartnern weltweit. Bei den deutschen Importen hängte Polen im Vorjahr sogar erstmals Frankreich ab und rückte hier auf Platz vier vor. „Bei der EU-Erweiterung 2004 galt Polen noch als wirtschaftliches Sorgenkind, jetzt ist es auch dank deutscher Investitionen ein industrielles Powerhouse der EU. Diese große gemeinsame Erfolgsgeschichte sollte in unseren beiden Ländern viel stärker wertgeschätzt werden“, sagt Hermes. „Beim Thema Industrie 4.0, also der Implementierung von digitalen Lösungen in die Industrieproduktion, können Deutschland und Polen jetzt gemeinsam eine Führungsrolle in Europa übernehmen.“

Etwas besser als der Durchschnitt entwickelte sich 2020 zudem der deutsche Handel mit Ungarn. Dieser sank um 6,3 Prozent auf nunmehr 52 Milliarden Euro. Stärkere Rückgänge waren dagegen im Handel mit Tschechien (-9,8 Prozent auf 83 Milliarden Euro) und vor allem mit Russland (-22,2 Prozent auf 45 Milliarden Euro) zu verzeichnen. Ungarn überholte Russland dadurch und schob sich auf Platz drei unter den deutschen Handelspartnern in Mittel- und Osteuropa vor.

Doppelte Krise trifft Russland-Geschäft

Die deutschen Ausfuhren nach Russland gingen 2020 um 13,1 Prozent auf 23 Milliarden Euro zurück. Die deutschen Einfuhren von dort sanken aufgrund niedrigerer Energiepreise und -importe um fast 30 Prozent auf 22 Milliarden Euro. Der deutsch-russische Warenaustausch sank damit auf den niedrigsten Stand seit 2005. Erstmals seit den 1990er Jahren erzielte Deutschland einen leichten Handelsüberschuss mit Russland.

„In Bezug auf Russland hatten wir 2020 ein extrem schwieriges Jahr, nicht nur wegen der Corona-Krise, sondern auch wegen der harten, politischen Konflikte, die sichtbar auf die Wirtschaft durchschlagen,“ kommentiert Oliver Hermes: „Mit diesem neuerlichen Tiefpunkt dürfen wir uns nicht abfinden. Wir brauchen jetzt in der Tat ein Moratorium. Aber keines gegen Wirtschaftsprojekte wie Nord Stream 2 und unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern eines gegen alle Aktivitäten, die unsere beiden Länder und damit auch die Menschen weiter auseinandertreiben.“

Der Ost-Ausschuss werde weiterhin den Blick auf die großen, gemeinsamen Chancen und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit richten, kündigte der Ost-Ausschuss-Vorsitzende an. Als deutscher Partner des gerade gestarteten Deutsch-Russischen Themenjahr „Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung 2020-2022“ werde der Verband einen besonderen Schwerpunkt auf Kooperationen beim anstehenden klimaneutralen Umbau der Wirtschaft legen.

Green Deal als Chance für Mittel- und Osteuropa

Generell werde sich der Ost-Ausschuss dafür einsetzen, dass der geplante Green Deal nicht an der Ostgrenze der EU endet. „Wer den Klimaschutz auf unserem Kontinent ernst nehmen will, der muss sich gerade dem Osten Europas zuwenden. In unseren 29 Partnerländern bestehen die größten Reserven für die Erzeugung grünen Stroms und Wasserstoffs. Hier, in unserer Region Mittel-Osteuropa, liegen die größten Potenziale für die Einsparung von Kohlendioxid und damit Anwendungsbereiche für Technologie Made in Germany“, betont Hermes.

Nicht zuletzt die Ukraine könne als großes Agrarland und größtes europäisches Flächenland ein guter Partner für den europäischen Green Deal werden. „Das Land hat gute Voraussetzungen, sich zu einem großen Exporteur von grüner Energie in die EU zu entwickeln. Diese Themen werden auch auf dem 4. Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum im März eine Rolle spielen, an dem Bundeskanzlerin Angela Merkel und Premier Denis Schmyhal teilnehmen werden“, kündigt Hermes an.

Kein einheitliches Bild in Südosteuropa, Einbrüche in Zentralasien

Der deutsche Handel mit Südosteuropa entwickelte sich 2020 uneinheitlich. Während der Warenaustausch mit Albanien (-0,8 Prozent), Serbien (-2,2 Prozent) und Bulgarien (-4,3 Prozent) vergleichsweise stabil blieb, schrumpfte der Handel mit Rumänien und Slowenien, den beiden wichtigsten Märkten in der Region, um rund ein Zehntel. In Südosteuropa wird sich der Ost-Ausschuss mit seinen Unternehmen aktiv bei der Vorbereitung des Westbalkan-Gipfels Mitte 2021 einbringen, der wieder in Berlin stattfinden wird. Im Rahmen dieses „Berlin Prozesses“ engagiert sich die deutsche Wirtschaft im Dialog mit den Ländern des Westlichen Balkans insbesondere zu Fragen der Digitalisierung. Überdurchschnittliche Einbrüche gab es 2020 im deutschen Außenhandel mit Zentralasien und dem Südkaukasus, so mit Aserbaidschan (-39 Prozent), Usbekistan (-30 Prozent) und Kasachstan (-16 Prozent). Der deutsche Export nach Kasachstan stieg aber um 4,4 Prozent.

Die vollständigen Handelstabellen mit den Ergebnissen für alle 29 Ost-Ausschuss-Länder sowie die Tabelle der 20 wichtigsten deutschen Handelspartner stehen unten als Download zur Verfügung.

Kontakt

Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation
T. +49 30 206167 122
E-Mail: c.himmighoffen@oa-ev.de

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