Direkt zum Inhalt

Kasachstan als Klimapartner

Vize-Premier Sklyar beim Online-Meeting mit dem Ost-Ausschuss. Foto: Ost-Ausschuss
02.09.2021
Meeting mit Vize-Premier Sklyar zu Energie und Umwelt/ Ost-Ausschuss-Vorsitzender betont Kooperationschancen

Die Evakuierungsaktion aus Afghanistan hat die Region Zentralasien zuletzt ins mediale und politische Rampenlicht gerückt. Die Bundeswehr nutzte im August den Flughafen Taschkent als Drehscheibe für ihre Evakuierungsflüge. Ende August besuchte Bundesaußenminister Heiko Maas mehrere zentralasiatische Nachbarstaaten Afghanistans, um über Ausreisemöglichkeiten auf dem Landweg zu verhandeln. Über diese geostrategische Bedeutung hinaus bietet sich die Region, namentlich Kasachstan, das wirtschaftlich stärkste Land der Region, als Partner Deutschlands bei Klimaschutz und Dekarbonisierung an. Über welches Potenzial das Land hier verfügt, wurde am 31. August beim Online-Meeting mit dem kasachischen Vize-Premier Roman Sklyar deutlich, an dem auch der Ost-Ausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes teilnahm. Im Mittelpunkt standen dabei die Themen Energie und Wasser.

Vize-Premier Sklyar, der bereits zum 13. Mal an einem Online-Meeting des Ost-Ausschusses teilnahm, begrüßte die rund 100 Teilnehmenden und gratulierte Oliver Hermes, der am 25. August zum Honorarkonsul Kasachstans für Nordrhein-Westfalen bestellt worden war. Sklyar betonte, dass Kasachstan sich den weltweiten Bestrebungen zur Dekarbonisierung und zum Ausbau der Erneuerbaren Energien verpflichtet fühle. 

Stabilisierender Faktor

Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende verwies auf die regelmäßigen Meetings mit der kasachischen Regierung seit Anfang 2020 und die hohen Wachstumschancen beim Thema Klimaschutz. „Die klimatischen Herausforderungen der Zukunft werden wir nicht mit Verboten und Einschränkungen, sondern mit neuen, sauberen Technologien meistern können“, sagte Hermes. Der Klimaschutz mache nicht an der Ostgrenze der EU halt. Der Ost-Ausschuss-Vorsitzende plädierte dafür, die EU-Nachbarn in Osteuropa und Zentralasien bei der Dekarbonisierung ihrer Volkswirtschaften und dem Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu unterstützen. Hermes warb für Transformationspartnerschaften unter anderem mit Zentralasien in enger Abstimmung mit der deutschen Industrie. Insgesamt seien die engen wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands zu Zentralasien ein stabilisierender Faktor, denn sie trügen zum wirtschaftlichen Aufschwung und damit auch zur Resilienz der Region gegen Extremismus bei.

Auch Staatsekretär Miguel Berger vom Auswärtigen Amt unterstrich das Bestreben der Bundesregierung, die Stabilität in der Region zu unterstützen. Kasachstan sei dabei der wichtigste Partner Deutschlands in der Region. Die zunehmenden Wetterextreme auch in der Region erforderten die Anpassung an den Klimawandel. Dazu trage Deutschland durch die Initiative „Green Central Asia“ bei. Damit unterstützt das Auswärtige Amt die regionale Annäherung der Staaten Zentralasiens einschließlich Afghanistans und den Dialog über die Folgen des Klimawandels und die damit verbundenen Risiken. Die regionale Kooperation leiste dazu einen wichtigen Beitrag.

Wassermanagement und „grüner Umbau“

Aktuelle Projekte im Bereich Wassermanagement präsentierten anschließend Vize-Minister Akhmetzhan Primkulov und Dosbol Begmagambetov vom Wasser-Komitee im Ministerium für Ökologie und natürliche Ressourcen. Dazu gehörten Projekte für die Wasserversorgung der Hauptstadt Nur-Sultan und der Region Turkestan, der Bau von Wasserkraftwerken und von Bewässerungssystemen im Süden des Landes. Kasachstan sucht hierfür sowohl ausländische Investoren als auch Zulieferer. Primkulov verwies zudem auf die Dekarbonisierungsstrategie seines Landes und neue Gesetze im Bereich Emissionsreduzierung und Abfallmanagement. Kasachstan sei dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet und werde beim sozialverträglichen „grünen Umbau“ seiner Wirtschaft von der Weltbank unterstützt.

Jürgen Keinhorst vom BMU verwies auf die deutsche Unterstützung für Kasachstan im Rahmen der Initiative „Green Central Asia“ und in Kooperation mit EBRD und OECD. Dabei sollten auch Public-Private-Partnerships beim Infrastrukturausbau eine Rolle spielen. Hovsep Voskanyan von der AHK Zentralasien stellte die breite Palette deutscher Aktivitäten im Bereich Energiewende in Kasachstan vor. So gibt es bei der AHK seit diesem Jahr zwei lokale Arbeitsgruppen zur Green Economy und zum Bergbau. Zudem startet ein Pilotprojekt des BMU zur Kreislaufwirtschaft, in dem deutsche und kasachische Unternehmen und Experten zusammenarbeiten werden. Großes Potenzial habe das Land außerdem für die Produktion grünen Wasserstoffs. Diese biete eine wichtige Perspektive für künftige kasachische Energieexporte in die EU.

Konkurrenz schläft nicht

Konkrete Projekte in diesem Bereich treibt der deutsch-schwedische Windkraftprojektierer SVEVIND voran, der Kasachstan mit großformatigen Projekten als Anbieter grüner Energie positionieren will. Dabei habe grüner Wasserstoff ein erhebliches Potenzial zur Dekarbonisierung in der Industrie. CEO Wolfgang Kropp berichtete, dass allein in Kasachstan 45.000 Megawatt Windstrom in Planung seien, und die Produktion von rund drei Millionen Tonnen grünem Wasserstoff geplant seien. Doch die internationale Konkurrenz schlafe nicht. Insgesamt seien 20 Projekte mit 200 Gigawatt Kapazität im Wasserstoff-Bereich in der Pipeline. 

Jens Dallendörfer von WILO Group berichtete über die Aktivitäten des Dortmunder Pumpenherstellers, der seit 2018 einen Standort in Almaty unterhält. Zu den Projekten gehörte die Ausrüstung des Expo-Geländes und von Bergbau- und Industrieanlagen mit Pumpen. „Wir sind nicht nur Anbieter, sondern schon in der Planungsphase dabei“, sagte Dallendörfer. Entscheidend sei die Anpassung an lokale Märkte, nicht der bloße Export aus Deutschland.

Christian Himmighoffen
Leiter Presse und Kommunikation

 

Diese Seite teilen: